Nach den Beaux Arts
Arbeit in der Verhandlungszone. Anmerkungen zur Zukunft der Weltkunstschau Documenta aus Anlass ihres 60. Geburtstages
Von Ingo Arend
Kassel. Kairo. Kabul, Banff. Als Carolyn Christov-Bakargiev 2012 die 13. Documenta im Jahr 2012 über fast die ganze Welt verteilte, war das nicht nur ein Marketinggang. Mit der topologischen Vierteilung vollzog die streitlustige, Kuratorin eine bewusste Geste. Für sie drückte sich darin, wie sie sagte, das “emotionale, politische, ethische Verständnis dafür aus, dass niemand der Nabel der Welt ist”.
Die Kunstfreunde in Nordhessen scheinen das überhört zu haben. “Kassel ist der Documenta zur Heimat geworden und heute Teil unserer Identität” erklärte Bertram Hilgen, der Oberbürgermeister der Stadt, zum 60. Geburtstag der Documenta Mitte Juli. Was konnte der SPD-Politiker damit gemeint haben? Hatte sich Kassel zu den Prinzipien von Weltoffenheit und Grenzüberschreitung durchgerungen, für die die Documenta steht? Oder wollte Hilgen sie zum Tool der regionalen Identitätsbildung umdefinieren?
Vielleicht war es auch einfach nur die Flucht nach vorn: Jahrzehntelang hatten die Bewohner der Provinzmetropole gereizt auf die Herausforderungen der internationalen Kunstavantgarden reagiert. Ob nun Walter de Maria 1977 einen „Erdkilometer“ in den Platz vor dem Kasseler Fridericianum bohrte. Oder ob Joseph Beuys 1982 mit 7000 Eichen die „Stadtverwaldung“ Kassels in Angriff nahm. Kurz vor dem Jubiläum in diesem Jahr hatten Unbekannte in der Karlsaue sogar den Apfelbaum zerstört, den Carolyn Christov Bakargiev und der Künstler Jimmie Durham 2012 zum Gedenken „Apfelpfarrer“ Korbinian Aigner gepflanzt hatten. In den KZs Dachau und Sachsenhausen hatte der eine Apfelzucht begonnen.
Doch ausgerechnet in dem Moment, in dem „die…