Thomas Wulffen
Mythos Berlin
Schon der Titel der Ausstellung führt zu Mißverständnissen, und der Untertitel löst diese nicht auf: ‘Mythos Berlin – Wahrnehmungsgeschichte einer industriellen Metropole’. Anläßlich der 750-Jahr-Feier der Stadt Berlin fanden sich etliche Intellektuelle im Umkreis der Zeitschrift ‘Ästhetik & Kommunikation’ für ein Ausstellungsprojekt zusammen und gründeten dazu eine GmbH. Seit 1984 wurde an dem Konzept gearbeitet. Schon im gleichen Jahr lag eine Broschüre vor, die konkrete Projekte vorstellte und Hintergrundmaterial zu Ort und Geschichte des Ausstellungsgeländes, der brachliegenden Freifläche hinter dem Restportal des ehemaligen Anhalter-Bahnhofs. Im März 1985 wurde ein Papier präsentiert, das von Rauminstallationen über Historische Sprechzimmer bis zu Klangmontagen alles aufzählte, was der versprochenen ‘Neuen Form einer räumlich inszenierten Ausstellung’ gerecht werden sollte: »Sie läßt sich weder als eine kulturhistorische Ausstellung konzipieren, für die das kulturelle und künstlerische Material zur bloßen Illustration wird, noch läßt sie sich als reine Kunstausstellung realisieren, die alltagskulturelle und massenmediale Ausdrucksweise ästhetisch nicht ernst nimmt. Erforderlich ist vielmehr eine Art und Weise der Darstellung, die der Inszenierung und den räumlichen Environments näher steht als eine museale Präsentation. Die Ausstellung muß als ein Zusammenhang ästhetischer Gestaltungen und Arrangements konzipiert werden, als selbständiges Ausdrucksmedium, das eher vorstellt und sich selbst darstellt als sich interpretatorisch erklärt.« Darüber hinaus soll ‘Mythos Berlin’ ein kulturpolitisches Experiment sein. Der hohe Anspruch, der da vorgelegt wurde und auch noch einmal 1985 in einer Ausstellung dokumentiert wurde, hatte seine Konsequenzen: Die Mythos Berlin GmbH erhielt zur Realisierung der Ausstellung sechs Millionen Mark. Die Publikationskampagne hatte ihren Sinn erreicht. Was…