Marius Babias
Museum mit integriertem Sex-Shop
Wie das Beate Uhse Erotik Museum Pornographie in eine kulturelle Ware umwandelt
Pornographie hat den Alltag kolonisiert, dank Beate Uhse, die 1962 den ersten Sex-Shop der Welt eröffnete. Ihr Erotik Museum verankert die Pornographie fest in der Massenkultur. Mit einer Dauerausstellung sowie Wechselausstellungen (derzeit bis September ’98 erotische Zeichnungen von George Grosz und anderen Zeichnern aus Berlin der zwanziger bis vierziger Jahre) lockt sie nicht nur Bildungsbürger an, sondern legitimiert darüber hinaus den Sex-Shop als integralen Bestandteil kulturellen Freizeitverhaltens.
Und so fing die kulturelle Hegemonie an. Als im November ’89 die Mauer fiel, strömten Tausende von Ost-Deutschen über die Grenzübergänge, um die West-Berliner City zu erkunden: in Schöneberg die Heimwerkermärkte, in Neukölln die Aldi-Filialen und in Charlottenburg die Sex-Shops.
In der Kantstraße bildeten sich vor den Warenhäusern der sexuellen Revolution, den Sex-Shops, Menschenschlangen. Da lagen sie nun, fein säuberlich in Regalen aufgereiht und frisch etikettiert, all die wundersamen Glücksspender: batteriebetriebene Dildos in dreierlei Größen, aufblasbare “Gummi-Girls”, biegsame “Latex-Möpse” und “Dauer-Bumser-Dragees”, das Zehnerpack zu 6.99. Das Begrüßungsgeld ging für Pocket-Vaginas, Porno-Mags und Kontakt-Sprays drauf. Kaum war die deutsche Einheit im Oktober ’90 institutionell vollzogen, stand eine Gewinnerin der “Wiedervereinigung” bereits fest: die west-deutsche Porno-Industrie, allen voran die Sex-Shop-Kette und der Erotik-Versand von Beate Uhse, dicht gefolgt von Europas führender Porno-Produzentin Teresa Orlowski (“VTO”, “Foxy Lady”).
Die Soziologen wunderten sich, denn Langzeitstudien haben gezeigt, daß die Ost-Deutschen ihre Sexualität weit freizügiger ausgelebt hatten als die West-Deutschen. In der DDR waren Scheidungen und Abtreibungen europäische Spitze. Dem Kollektivierungszwang des Regimes setzten die…