Holger Kistenmacher
Museen für ein neues Jahrhundert
Architektursommer – Ideen, Projekte, Bauten
Deichtorhallen Hamburg, 31.5. – 10.9.2000
Früher war der Besuch eines Museums mit dem Ersteigen einer gewaltigen Treppe verbunden. Ganz im Sinne von griechischen Tempelanlagen hatte die spezielle Eingangsarchitektur die Funktion, den Museumsbesucher in die höheren Sphären der Kunst zu geleiten. Heute sind die Gebäude für die Kunst keine Sanktuarien mehr. Einigen Erbauern wäre es sogar lieb, wenn ihre Bauten ohne den schnöden Inhalt nur für sich selbst sprechen dürften. So soll der englische Stararchitekt James Sterling zur Eröffnung seines Stuttgarter Museums gesagt haben, dass “sein Bau ohne die störende Kunst, noch viel schöner wäre”.
Eine ähnliche Tendenz zeichnet das Jüdische Museum in Berlin von Daniel Libeskind aus. Sein Museum braucht keine Kunst. Alleine die Architektur ist ihm visuelles Programm genug. Und die Besucherzahlen geben ihm Recht. Mehr als 100.000 Besucher kamen bereits, ohne dass es ein einziges Exponat zu bestaunen gibt. Eine andere Tendenz ist, dass sich viele Besitzer bedeutender Sammlungen inzwischen ihr eigenes Museum bauen lassen, wie de Menil in Houston, Beyeler in Basel oder Goetz in München. Manche Häuser wie das Tinguely-Museum in Basel widmen sich nur einem Künstler. Großer Beliebtheit erfreuen sich nach wie vor die Umnutzungen von alten Industrieanlagen – jüngstes Beispiel: die Tate Modern in London von Herzog & de Meuron.
Die Museumsneubauten des letzten Jahrzehnts haben sich zu Publikumsmagneten entwickelt. Während man heute kaum noch Kathedralen baut, entstehen mehr und mehr Museen, die im internationalen Konkurrenzkampf stehen. Einige von ihnen bestimmen sogar das Bild ihrer Stadt…
