Michael Hübl
Muntadas.Protokolle
»Hinter den Systemen«
Württembergischer Kunstverein, Stuttgart, 18.6. – 10.9.2006
Das hätten sich die Beatles kaum träumen lassen: “Stuttgart ist viel schöner als Berlin,” skandierten Sportfans während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Ihrem Schlachtruf hatten sie die Melodie des Songs “We all live in a yellow submarine” unterlegt, den die britische Band gegen Ende der psychodelischen Sixties herausbrachte und der nun im Rausch der Massen als zusätzliches Stimulans zur Droge Mega-Event diente. Baden-Württembergs Landeshauptstadt war einer der Orte, an denen mehrere Spiele ausgetragen wurden, und wie bei derlei sportlichen Großereignissen üblich, sollte dem internationalen Publikum auch Kultur offeriert werden. Zu den Begleit- oder Ergänzungsveranstaltungen gehörte die Ausstellung “Kunst lebt!”, die eine groß aufgemachte Zusammenschau ausgewählter Exponate aus den diversen Museen des Landes präsentierte. Auch hierzu gab es ein Supplement, genauer: ein Kontrastprogramm. Als solches muss die Ausstellung “Muntadas. Protokolle” empfunden worden sein, denn wie notierte eine Besucherin oder ein Besucher im Gästebuch des Württembergischen Kunstvereins, der die Ausstellung im gleichen Gebäude und partiell zur gleichen Zeit wie “Kunst lebt!” zur Diskussion stellte: “Die Spielverderber zur WM”.
Tatsächlich könnte man einen Teil des Parcours, den der 1942 in Barcelona geborene, seit 1971 in New York ansässige Antoni Muntadas für den Württembergischen Kunstverein konzipiert hat, als direkte Antwort auf das bundesweite Sport-Spektakel verstehen. Denn Muntadas hat in Stuttgart die 12. Version seiner Arbeit “Stadium” eingerichtet. Seit der ersten Inszenierung 1989 im kanadischen Banff Centre for the Arts hat das Projekt von Station zu Station an Umfang gewonnen, da Muntadas kontinuierlich Material gesammelt hat,…