Rainer Unruh
Muntadas Projekte (1974-2004)
On Translation: Erinnerungsräume
Neues Museum Weserburg Bremen, 24.10.2004 – 6.2.2005
Das Geräusch klatschender Menschen hallt durch den zweiten Stock des Neuen Museums Weserburg. Der Applaus gilt nicht dem Künstler Antoni Muntadas, sondern ist Teil seiner Videoinstallation „El Aplauso“ (1999). Die wie ein Triptychon gestaltete Arbeit zeigt auf den beiden seitlichen Wänden klatschende Hände. Auf der mittleren Leinwand ist ein gelangweilt wirkendes Publikum zu sehen, das ohne Begeisterung applaudiert. Zwischen die Bilder des Publikums hat Muntadas Schwarzweißaufnahmen aus Zeitungen geschnitten, beispielsweise von Männern, die mit Waffen posieren. Die Arbeit wurde für Bogota konzipiert, eine der gewalttätigsten Städte der Welt, in der Entführungen an der Tagesordnung sind und Drogenbarone Teile der Wirtschaft kontrollieren. Der Schluss liegt nahe, dass hier eine sich selbst entfremdete Gesellschaft ihren eigenen Untergang wie eine Schmierenkomödie goutiert: ohne Enthusiasmus, aber mit einem Fatalismus, der auf Bilder von realem Terror wie auf eine mittelprächtige Fernsehshow reagiert.
Als das Neue Museum Weserburg den in Barcelona geborenen Künstler bat, im Jahr 2004 nach Bremen zu kommen, um als artist in residence eine ortsspezifische Arbeit zu schaffen, war allen Verantwortlichen klar, dass er ihnen keine heile Welt präsentieren würde. Allmählich kristallisierte sich heraus, dass Muntadas mit Fotos und Fundstücken den städtebaulichen Wandel Bremens dokumentieren wollte. Er konnte dabei konzeptionell an eine Reihe älterer Werke anknüpfen, die ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind. So thematisiert der Künstler in der zehnteiligen Fotoedition „Architektur/Räume/Gesten“ (1991) die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Gestaltung von Gebäuden und den Ritualen der Macht, indem…