HANS-DIETER FRONZ
Multiple Räume: Die Seele
Staatliche Kunsthalle Baden-Baden, 14.2. – 18.4.2004
Bekanntlich hat die Seele in der abendländischen Geschichte mehrfach Wohnsitz und Konsistenz gewechselt. Bestand sie für den griechischen Philosophen Anaximenes aus schierer Luft, so für Heraklit aus Feuer. Ihren Sitz vermutete man wahlweise im Zwerchfell, im Herzen, unterhalb des Rippenbogens oder, seit Galen korrekt, im Gehirn. Der modernen Hirnforschung schnurrt die altehrwürdige anima freilich zu einem eher dürftigen Ensemble zerebraler Einheiten der Groß- und Kleinhirnrinde zusammen. Dagegen beschreibt die Kunst die Seele mit Vorliebe in räumlichen Metaphern oder spürt sie als Reflex in der äußeren menschlichen Erscheinung auf – in Auge und Mimik zumal als redensartlichem Spiegel der Seele.
Den vielfältigen Verräumlichungen und Visualisierungen von Seelischem in der modernen Kunst war die Ausstellung “Seele – Konstruktionen des Innerlichen in der Kunst” der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden gewidmet – Auftakt zu einer Trilogie, die sich mit “Multiplen Räumen” in der Kunst beschäftigt. Das ehrgeizige Projekt will Wissenschaft und Kunst in einen Dialog über unser Verhältnis zu Räumen setzen. Seele, Park und Film definieren darin Felder, auf denen sich zentrale Aspekte menschlicher Erfahrung von Raum darstellen (lassen). Das visualisierte Raummodell der Seele, der Park als menschlich geformter Naturraum und der Film als Schnittstelle von imaginiertem und physikalisch-körperhaftem Raum bezeichnen wechselnde Gegenstände dreier Ausstellungen, die jeweils von einer Tagung begleitet werden.
Facettenreich bebilderte die Auftaktschau zur Seele ihr Thema mit Werken von gut dreißig Künstlern – einige Seitenblicke auf außerkünstlerische Verfahren fehlten nicht. So suchte der französische Fotograf Louis Darget gegen Ende des 19. Jahrhunderts Gedanken…