Modernismus oder Barbarei
Karlheinz Lüdeking sprach mit Clement Greenberg
Clement Greenberg war wahrscheinlich der einflußreichste Kunstkritiker des zwanzigsten Jahrhunderts.
Durch sein wirkungsvolles Eintreten für die Malerei des Abstrakten Expressionismus trug er entscheidend dazu bei, daß sich das Zentrum der internationalen Kunstwelt nach dem Zweiten Weltkrieg von Paris nach New York verlagerte.
Schon zu Beginn der vierziger Jahre erkannte er die außergewöhnlichen Fähigkeiten von Jackson Pollock, dessen weitere Karriere er nachdrücklich mitbestimmte. Außerdem engagierte sich Greenberg besonders für Hans Hofmann, den er vor allem als Lehrer schätzte, Willem de Kooning, Arshile Gorky, David Smith, Adolph Gottlieb, Barnett Newman und später auch für Morris Louis, Kenneth Noland und Jules Olitski. Zudem betätigte er sich als Kurator zahlreicher Ausstellungen.
1961 veröffentlichte Greenberg unter dem Titel “Art and Culture” eine Auswahl von bereits publizierten Aufsätzen, die er zu diesem Zweck (zum Teil substantiell) revidierte. Spätestens seitdem gilt er als der entschiedenste Verfechter einer “modernistischen” Konzeption der Kunst, wonach diese seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts zu einer immer rigoroseren Erforschung ihrer eigenen Mittel strebt und alles zu eliminieren sucht, was ihrem jeweiligen Medium nicht gemäß ist.
Mit dieser Konzeption blieb Greenberg, obwohl seine unbestrittene Autorität mit dem zunehmenden Erfolg der Pop-art und des Minimalismus zu schwinden begann, in den Vereinigten Staaten bis heute für viele Künstler – und mehr noch für die Kunsttheoretiker – eine zentrale Vaterfigur. Wenn man ihm nicht folgen wollte, dann mußte man sich zumindest gegen ihn profilieren.
Vor sieben Jahren, also 1986, erschienen bei Chicago University Press die beiden ersten Bände einer Sammlung fast aller von Greenberg…