Michael Hübl
Modelle – Allegorien des Realen
Won Ju Lim, Clemens Fürtler, Xu Zhongmin und Yuan Shun
Kunsthalle Göppingen, 4.3. – 22.4.2007
Die Münchner Kammerspiele setzen Heinrich von Kleists Trauerspiel “Die Familie Schroffenstein” auf den Spielplan, Roger Vontobel führt Regie, und die Dramaturgie will in einem Ankündigungstext wissen: “Auf welcher Ebene des Fakes befinden wir uns gerade?” Die Frage ist spätestens seit den Einwänden virulent, die der französische Theoretiker Jean Baudrillard angesichts der medialen Aufbereitung der US-amerikanischen Operation Desert Storm 1991 formulierte; Baudrillard behauptete: “Der Golfkrieg hat nicht stattgefunden.” Unscharfe Übergänge zwischen Authentizität und Hyperrealität sind zu einem strukturellen Merkmal der Gegenwart geworden. Ein Ort, an dem schon früh und seit langem eine Art Hardware entwickelt und produziert wurde, die ein sanftes Umsteigen von der Wirklichkeit der harten Fakten in eine virtuelle Welt der idyllischen Kontrollierbarkeit ermöglichte, ist die württembergische Kleinstadt Göppingen. Mithin díe ideale Location für eine Ausstellung, die Wolf-Guenter Thiel zusammen mit Katharina Neuburger und Jörg Scheller erarbeitet hat, die Arbeiten von Won Ju Lim, Clemens Fürtler, Xu Zhongmin und Yuan Shun zeigt, und die den Titel trägt: “Modelle – Allegorien des Realen”.
Göppingen ist die Hauptstadt von Märklin, eines originär mittelständischen Spielzeugfabrikanten schwäbischen Zuschnitts. Der Hersteller von Modelleisenbahnen, der wie viele seiner Mitbewerber seit Jahren mit einer tendenziellen Schwäche der Branche zu kämpfen hat und der im Herbst 2006 von dem britischen Finanzinvestor Knightsbridge Capital übernommen wurde, betreibt selbst so etwas wie ein Museum: Es nennt sich “MärklinWelt” und bietet laut Eigenwerbung “spannende Attraktionen, exquisite Exponate und wertvolle Sammlerstücke”,…