Adrian Piper
Mittlerin zwischen Mainstream und Marginalität
Meine Erfahrungen als Angehörige der Dritten Welt in der sogenannten Mainstream-Gesellschaft sind stark von Versuchen geprägt, mich sowohl sozial als auch beruflich aus dem Mainstream auszuschließen, mich an den Rand zu drängen oder mir zumindest meinen (untergeordneten) Platz zuzuweisen. Allerdings erscheint mir meine Marginalität in so mancher Hinsicht mehr als Segen denn als Fluch, da auch die Entfremdung durchaus ihre Vorteile hat. Wer in einem feindlichen Milieu überleben möchte, der muß sich mit dessen Aktiva vertraut machen, den Aggressor verstehen lernen, seine Angriffe antizipieren und angemessene Strategien der Selbstverteidigung entwickeln (ja, der Kampf wirkt tatsächlich charakterbildend.) Die Kunst, die ich mache, entspringt daher teilweise dem von mir empfundenen Zwang, derartige Erfahrungen konstruktiv umzuwandeln und darzustellen, damit ich mich nicht machtlos und eingesperrt fühle.
Ich möchte mit meiner Arbeit zur Entstehung einer Gesellschaft beitragen, in der Rassismus und rassistische Stereotypen nicht länger existieren. Die in einer solchen Gesellschaft ethnisch und kulturell Anderen entgegengebrachte Einstellung wäre nicht Toleranz, sondern Akzeptanz. Diese Unterscheidung ist wichtig. Wir tolerieren bittere Pillen und Rizinusöl oder den Bohrer des Zahnarztes. Wir nehmen diese Dinge hin, weil wir wissen, daß sie gut für uns sind. Dies ist die Haltung, die die meisten engagierten, denkenden Leute in dieser Gesellschaft Menschen entgegenbringen, die sie als Eindringlinge betrachten. Die fremdartigen Werte, Lebensgewohnheiten und Praktiken des Selbstausdrucks solcher kultureller Eindringlinge gehen uns vielleicht auf die Nerven, aber wir beißen die Zähne zusammen und ertragen sie – von unseren eigenen Vorzügen überzeugt -, so gut es eben geht….