Weiße Emotionen
Mischa T. Kuball
Von den jungen Künstlern, die sich am Konstruktivismus orientieren, ist Mischa T. Kuball, so scheint es, der strengste. Seine Arbeiten bleiben weiß, Farbe kommt nicht vor. Die Formen: Kreise, »gnadenlos« linealgerade Linien, messerscharf gezeichnet oder gleich mit dem Messer geschnitten. Eine kahle Kunst, die sich lediglich an ihren Schnittstellen von ihrer harten Konsequenz löst. Dort nämlich hebt Kuball das geteilte Blatt, stellt zwei Ebenen her, milde Schatten entstehen und Spannungen.
Seine reduzierte Formensprache bedeutet für Mischa T. Kuball nicht Einschränkung, sondern Freiheit. Nichts, das Material nicht und die Formen nicht, ist da sinn- und sentimentbeladen, während er sich sonst, als er noch malte, von vornherein mit bestimmten »vorgegebenen« Bedeutungen der Farben auseinandersetzen mußte: Ist Rot nur Rot, Grün nur Grün? Die Abkehr von der Malerei hat auch einen biographischen Anlaß. Eine Operation, die er lumbalanästhesiert bei vollem Bewußtsein erlebt, konfrontiert ihn mit der Wirkung des Skalpells, gibt Anlaß zur Reflexion über dieses (Re)Medium. Ein Schnitt ist doppeldeutig. Er verletzt, kann tödlich sein und ist genauso Mittel zur Heilung. Die biographische Notiz über eine persönliche Situation, die zum Anlaß wird für eine dezidierte Art der Kunst-Praxis deutet bereits darauf hin, wie Kuball Konstruktivismus versteht und verwendet, einsetzt. »Es wäre ungerechtfertigt, mich als Konstruktivisten zu bezeichnen«, erklärt er. Der Konstruktivismus als Bewegung, als Utopie ist in historische Distanz gerückt. Die politische Brisanz der 10er und 20er Jahre existiert nicht mehr. Konstruktivismus ist für Mischa T. Kuball eine Lebenshaltung, die sensibel macht für die sinnliche Wahrnehmung der Umwelt, die verbunden…