Renate Puvogel
Mircea Cantor
»Klug wie die Schlangen und einfältig wie die Tauben«
Museum Abteiberg, Mönchengladbach, 4.7. – 24.10.2010
Kunsthalle Nürnberg, 9.12.2010 – 6.2.2011
Als seine biographischen Daten hat Mircea Cantor im Ausstellungskatalog, einem Werkverzeichnis in Gestalt eines informativen Bilderreigens, lapidar handschriftlich notiert: „Mircea Cantor Geboren 1977 Lebt und arbeitet auf der Welt“. Das ist nicht etwa anmaßend oder arrogant sondern entspricht Cantors nicht nur situationsbedingter Lebensphilosophie. Denn geboren in Oradea, Rumänien, lebt er seit langem vorwiegend in Paris und schöpft bis heute aus dem Spagat zwischen diesen beiden europäischen Welten mit ihrer bei aller grundsätzlichen Vergleichbarkeit dennoch unterschiedlichen Kultur und Geschichte. Cantor taucht mit seismografischem Gespür in die Historie ein und macht Vergangenes in eindringlichen Bildmetaphern lebendig, macht es für die Gegenwart verständlich und tauglich. Die Installation gleich in der Eingangshalle, ein riesenlanger Pferdeschwanz, gewunden aus den Fahnen der G8 Staaten, trägt den vielsagenden Titel „Dimension Variable“. Das gelungene Amalgam aus Tradition und Gegenwart wirkt wie ein Signal für die bislang unvollendete kultur- und gesellschaftspolitische Identität Europas.
Das erstaunlich vielseitige Werk des jungen Künstlers breitet sich in sensibler Zwiesprache mit den Sammlungsstücken über zwei Ebenen des Museums aus. Jedes Thema findet seine gänzlich unverwechselbare, überzeugende Realisation, gewonnen aus uralten handwerklichen Verfahren wie Schnitzen und Spinnen oder aber in neuesten Techniken wie Leuchtkasten oder Videoanimation. ‚Arme’ Materialien erinnern an die Arte Povera, sind aber ins Aktuelle gewendet und bringen ebenso wie auch einfache Gesten und Handlungen in ihrer unprätentiösen Darbietung sogar das Gültige eines Rituals gebrochen dar. In „DNA Kiss“ haben 12 Frauen unterschiedlicher…