Doris von Drathen
Miquel Barceló
Galerie Nationale du Jeu de Paume,Centre Georges Pompidou, Paris, 5.3. – 28.4.1996
Die Frage, ob Malerei heute noch möglich sei, scheint Miquel Barceló nicht zu beschäftigen. Mit großer Energie bearbeitet er die Leinwand, schafft Bilder an und auf den Keilrahmen, daß es kracht. Bilder? Schnelle Beobachtungen, Reiseeindrücke von seinen Aufenthalten im Französisch West-Afrika, von den Märkten in Mali, von Männern im Einbaumboot, von Frauen, die auf der Straße gebären oder Körbe auf dem Kopf tragen, Einblicke in sein Atelier, wo sich Gipstiere angesammelt haben neben Rahmen und Zeichnungen, wo ein weibliches Modell elegant seine Beine über einen Topf mit Pinseln verschränkt, wo sogar noch irgendwo ein Blumenstrauß steht. Das Material tobt. Dicke Gipswülste machen die Oberfläche zum Relief, so wie plastische Landkarten aus dem Erdkundeunterricht. Mitten durch das Atelierbild verläuft ein solcher Berg-rücken, von dem niemand recht weiß, was er zu dem Blick ins Atelier beiträgt; ein Blick, der sowieso nur aufzählt, aufhäuft, nichts thematisiert noch problematisiert. Weder die velàsquezsche Frage nach dem Standpunkt des Betrachters, noch die Obsession von Giacometti, jenen sonderbaren Käfig in seiner Todesnähe zu erfassen, noch die Verbohrtheit eines Auerbachs, in seiner unmittelbaren Umgebung, Wirklichkeit umzusetzen, scheinen Barceló auch nur von Ferne zu bewegen. Und als wäre das aufgeschichtete Material Garant gegen Plattheit, holt er es eimerweise in seine Bilder. Aufgeschnittene Hühner, Fische, Gemüse, alle werden geformt aus Modelliermasse und dann angestrichen, als würde ihm gleich gegenüber vom Jeu de Paume, in der Orangerie, ein Maler wie Soutine nichts bedeuten. Eine seiner Landschaften,…