Reinhard Ermen
Miniatur & Monumentalismus
»Michael Borremans. Fernando Bryce. Dan Perjovschi. Zeichnungen/Drawings«
Württembergischer Kunstverein Stuttgart 1.4. – 5.6. 2006
Aus wenigen Strichen generiert Don Perjovschi (*1961 Rumänien) seine Bildergeschichten, mit denen er eine ganze Zimmerflucht des Hauses überzieht: Karikaturen, Embleme, Graffitis oder Cartoons tummeln sich auf den übervollen Wänden. Die Welt und ihre zentralen wie nebensächlichen Wehwehchen haben sich auf der pickeligen Raufaser nieder gelassen. Alltag, Mode, Kapitalismus, Politik und Krieg sind die Anlässe. Pejovschi demonstriert den Unterschied zwischen Bürger (Citizen) und Verbraucher (Consumer), wobei der eine, der Mensch ohne die vielen Einkaufstaschen, heftig durchgestrichen ist. Ein Männchen hat sich gerade noch an dem O des Wörtchens “JOB” festhalten können, die Hand eines anderen ist weit davon entfernt und wird gleich ganz von der Bildfläche verschwinden. Warum ein Paar Jeans nur 35€ und ein anderes 135€ kostet ist schnell erklärt, denn in dem für mehr Geld sind auch mehr Löcher drin. Und wenn ein Mensch von Kopf bis Fuß auf der einen Seite durch Gucci, Lacoste, Diesel und Nike definiert ist, dann verweist die (leere) Sprechblase auf der anderen Seite auf Lacan. Ohne eine Inschrift, und sei sie noch so knapp, funktionieren diese Bilderwelten fast nicht, und manchmal kommen sie auch ganz ohne Bilder aus: “BIRD FLU/MAD COW/GLOBAL VILLAGE”.
Michael Borremans (*1963 Belgien), illuminiert auf kleinen Pappen und Papieren, Fundstücken und Kartons, die schon etwas erlebt haben, faszinierende Rätselbilder. Vordergründig Vertrautes entpuppt sich beim genauen Hinsehen nicht selten als sadistische Mimikry irgendwo zwischen den Codices Madrid und dem Gesundheitsbrockhaus; umgekehrt proportional zu den…