Matthias Reichelt
Mike Parr: Edelweiß
»Der Körper als Transmitter zwischen Psyche und Politik«
Kunsthalle Wien, 7.11.2012 – 24.2.2013
Der multimedial arbeitende Künstler Mike Parr aus Australien zählt mit seinen extrem autoaggressiven Performances zu den radikalsten Vertreter der Body Art, ist aber in Europa dennoch relativ unbekannt geblieben. Die derzeitige Retrospektive in der Kunsthalle Wien, mit Videos von Performances, Malerei und Fotografie aus vier Jahrzehnten, wird an diesem Ort automatisch an die Wiener Aktionisten denken lassen. Der vollkommen kontrapunktische Titel der Ausstellung spielt an auf ein Lied in dem von Robert Wise verfilmten Musical „The Sound of Music“ (1965), in dem das internationale Österreich-Klischee anhand der Trapp-Familie geprägt wurde.
Die Ausstellung, konzipiert von Synne Genzmer, wurde noch unter dem vormaligen Direktor Gerald Matt geplant, der die Kunsthalle Wien von 1996 bis zu seiner Suspendierung Ende 2011 leitete. Eigentlich war in diesem Kontext auch eine Marina Abramovic-Ausstellung vorgesehen, die aber vom neuen Direktor der Kunsthalle, Nikolaus Schaffhausen, im Einvernehmen mit Abramovic abgesagt worden sein soll. Im Vergleich mit dem Wiener Aktionismus und auch Marina Abramovics Performances sind Mike Parrs Aktionen noch selbstquälerischer. Den Arbeiten fehlen die Symmetrie und Theatralik von Nitsch und wirken sehr unpathetisch. Nicht die formale Gestaltung sondern das Geschehen selber vor dem Publikum und die evozierten psychischen Reaktionen stehen bei ihm im Zentrum des Interesses. Für jede Aktion existiert ein minutiöses Drehbuch.
Mike Parr kam 1945 in Sydney mit einem verstümmelten linken Arm zur Welt, der ihm nach der Geburt oberhalb des Ellbogens amputiert wurde. Er wuchs in den 1950er-Jahren auf der Farm…