DIETER BUCHHART
Mike Kelley
Das Unheimliche – Eine Ausstellung als Kunstwerk
Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, 15. 7. – 31.10. 2004
Wer kennt dies nicht? Plötzlich werden vertraute Gegenstände, Personen oder eine bekannte Situation unheimlich. Das bisher Vertraute erscheint fremdartig, und hinter der “Heimeligkeit” des Gewöhnlichen tritt Sigmund Freud zufolge schlagartig eine irritierende, angsterfüllte Dimension hervor. Freud analysierte 1919 in seinem zu dem Thema verfassten Aufsatz die Sprachentwicklung des Wortes “unheimlich” und verweist auf eine der sprachlichen Nuancen des “Heimlichen”, die den Übergang in sein scheinbares Gegenteil, respektive das “Unheimliche” bedeutet. “Denn dies Unheimliche ist wirklich nichts Neues oder Fremdes, sondern etwas dem Seelenleben von alters her Vertrautes, das ihm nur durch den Prozess der Verdrängung entfremdet worden ist.” Die Vorsilbe “un-” wird für Freud zur “Marke der Verdrängung”, wobei er diese individuelle, von Überwundenem oder von verdrängten Komplexen gespeiste Erfahrung jener der Fiktion – der Fantasie, der Dichtung – gegenüberstellt. Paradoxer Weise gelangt Freud zur Einsicht: “dass in der Dichtung vieles nicht unheimlich ist, was unheimlich wäre, wenn es sich im Leben ereignete, und dass in der Dichtung viele Möglichkeiten bestehen, unheimliche Wirkungen zu erzielen, die fürs Leben wegfallen.”
Die künstlerische Verschiebung und Überschreibung “des Unheimlichen” ist Teil von Mike Kelleys gleichlautendem Ausstellungsprojekt, dessen Thema sich auf Freuds begriffliche Auseinandersetzung bezieht. Die Idee zur Ausstellung entwickelte der amerikanische Künstler im Zuge von “Heidi”, einer Gemeinschaftsarbeit mit Paul McCarthy, welche die Künstler 1992 für eine Ausstellung in der Wiener Galerie Krinzinger erarbeitet hatten. Im Rahmen von “Sonsbeek 93” schlüpfte Kelley erstmals in…