Martin Blättner
Michel Verjux
»2584 nach Thales«
Galerie der Stadt Stuttgart, 9.7. – 15.8.1999
Der theatralische Effekt dieser Inszenierung kann kaum noch weiter reduziert wurden: Ein 700-Watt-Scheinwerfer leuchtet die graue Ausstellungswand so aus, dass die kreisförmige Projektionsfläche heller erscheint als die Umgebung und der leicht gefärbte Rand dieser intensiven Lichtform exakt die untere Bodenkante berührt. Doch gerade der Verzicht auf alles überflüssige Beiwerk bringt das Schauspiel zur Entfaltung. Die größtmögliche Einfachheit der visuellen Mittel eröffnet dem Betrachter – solange dieser in seiner meditativen Ruhe nicht von anderen Besuchern gestört wird – einen Diskurs über die symbolische, philosophische und technische Dimension des Lichtes. Die Blaufarben des Regenbogenspektrums etwa am Rand des Lichtkreises verweisen nicht nur auf Gesetze der physikalischen Optik (nach Goethes Farbenlehre: Farbe entsteht an den Grenzen von hell und dunkel), sondern auch auf grundsätzliche philosophische Fragen der Farb-Licht-Entstehung und der Wahrnehmung. Oder wie genau lässt sich etwas über das Kraftfeld der Projektionsfläche sagen? Sehen wir nur eine passiv reflektierende Kreisform oder ist da eine zweite Lichtquelle präsent, die neben dem Theaterscheinwerfer existiert und mit dem natürlichen Licht des Tageslichts wetteifert, das durch das Oberlicht dringt? Verjux kam es bei seiner Ausstellung in den sechs Räumen der Galerie der Stadt Stuttgart darauf an, dass das künstlich erzeugte Projektionslicht ein Wechselspiel mit dem Tageslicht der Sonne eingeht, sich vermischt und durchdringt oder gegenseitig aufhebt. Dadurch entstehen sehr sensible Veränderungen, die von der Tageszeit und den Witterungsbedingungen abhängig sind. Doch es kommen noch weitere Aspekte hinzu, die mit der eigentlichen Installation zur Sonnenfinsternis zu…