Heinz Schütz
Michaela Melián: Föhrenwald
Städtischer Außenraum, Galeriestraße / Hofgarten, 10. 9.05 – 25.9.05
kunstraum muenchen, 24.9. 05 – 30.10.05
Städte und Siedlungen organisieren und konstruieren reale gesellschaftliche Beziehungen, gleichzeitig fungieren sie als deren symbolischer Ausdruck. Im Sinne des funktional-symbolischen Doppelcharakters von Architektur dienen sie der zweckmäßigen Gestaltung des besiedelten Raumes, aber auch der Konstruktion von bedeutungsgeladenen Orten. Bestehende Architekturen ändern sich durch Verfall und aufgrund von Renovierung, die sie neuen ästhetischen und funktionalen Standards anpasst. Die Bedeutung der Architektur ändert sich, selbst wenn die Gestalt gleich bleibt, durch den historischen Wandel, der über sie hinweg und durch sie hindurch geht. Alte Architekturen ragen wie historische Relikte aus der Vergangenheit in die Gegenwart. Sie sind immer auch ein historisches Zeichen für die Zeit ihrer Entstehung, ein Zeichen, das gewöhnlich im Alltag der Gegenwart verschwindet und erst dann entsprechend wahrgenommen wird, wenn der Blick gleichsam archäologisch wird und in der Gegenwart die historischen Sedimente freilegt.
In ihrer Auseinandersetzung mit der im “Dritten Reich” südlich von München erbauten Siedlung Föhrenwald betreibt Michaela Melián diese Art von Architekturarchäologie. Dabei geht sie von dem aus, was sichtbar ist – die Siedlung in ihrem heutigen Zustand -, von einigen historischen Dokumenten und von dem, was die einstigen Bewohner über ihr Leben in der Siedlung berichten. Dabei lenkt sie die Aufmerksamkeit insbesondere auch auf einen Teil deutscher Geschichte, der im öffentlichen Bewusstsein kaum existiert: Die unmittelbare Nachkriegsgeschichte der Juden in Deutschland. Meliáns Methode der Erinnerung zielt auf die Verknüpfung von Alltag und Geschichte, von erinnerter Vergangenheit und Gegenwart…