Jürgen Raap
Michael Zar
Galerie Michael Horbach, 18.6.-31.7.1988
Trotz ihrer kompakten Form und trotz ihres erdigen Materialausdrucks wirken die Tonskulpturen von Michael Zar zerbrechlich. Daran vermag auch das aufwendige Herstellungsverfahren nichts zu ändern: Der Ton muß mindestens ein halbes Jahr austrocknen, bevor er gebrannt werden kann. Rund zwei Jahre hat Michael Zar gebraucht, bis die Exponate für die Ausstellung bei Michael Horbach fertig waren.
Die ersten Arbeiten in diesem Werkzyklus sind in Frontalansicht angelegt: kulissenartige Gebilde mit langgestreckten fließenden Formen, farblich mit orientalisierender Ornamentik ins Phantastisch-Märchenhafte gesteigert. Säulen, mit blinkenden Kuppeln bekrönt. Bei den folgenden Objekten entschied sich Zar dann für eine rundansichtige Konzeption, die in kubisch-strengen Formen realisiert wird.
Da erinnert manches an aztekische Treppenpyramiden, an hellenistische Tempel und an die Palazzi der Renaissance, an buddhistische Pagoden oder an die Ästhetik des Bizarren bei Antonio Gaudi. Zar selbst wehrt sich freilich gegen die Interpretation, es handele sich hier um Architekturmodelle. Gewiß, in der Seitenansicht erinnern die rundbogigen Loggia-Pfeiler auch an ein Hundegebiß, oder die Verschachtelung zylinderischer Elemente an das Design einer altmodischen Registrierkasse. An einem Objekt hat Zar sogar die Oberfläche mit reliefartigen, konkret erkennbaren Eselsköpfen bestückt.
Zar pocht auf den Entstehungsvorgang des plastischen Gestaltens als Gegenstand der Reflexion, er verweist mit seinen indexikalischen Anklängen an die Bauformen vergangener und auch utopisch-futuristischer Kulturen, aber trotz seiner Absage an das bauwerkliche Moment auf die Tatsache, daß plastische Formgebung ursprünglich wohl immer tektonischen Charakter hatte. Johan Huizingas Spiel-Theorie zufolge liegt ja gerade im kindlichen Spiel mit Bauklötzen ein sehr wesentliches Training der Fähigkeit zur späteren Kreation…