Sigrid Feeser
Michael Gitlin
Skulpturen und Zeichnungen
Städtische Kunsthalle, 8.4.-11.6.1989
Seit Michael Gitlin, 1943 in Kapstadt geboren, in New York zu Hause, 1976 zum ersten Mal bei Schmela in Düsseldorf eine Einzelausstellung hatte, ist er hierzulande immer wieder präsent gewesen, zuletzt voriges Jahr im Bonner Kunstverein, wo er mit einer umfangreichen Installation mit dem Titel “Broken Infinity” Aufsehen erregte.
Um so sperriges Geschütz handelt es sich bei der Mannheimer Ausstellung, die im wesentlichen mit Gitlins wandbezogenen Arbeiten bekanntmacht, freilich nicht.
“Temporary Shelter” ist so eine Wandskulptur von 1986 überschrieben: Unterschiedlich lange Bretter und Klötze, alle roh belassen, bilden eine Art von improvisiertem Schutzdächlein. Etwas über Augenhöhe angebracht, könnten sich normal große Leute bequem darunter unterstellen. Und nachsehen, wie das alles gemacht ist – ohne Geheimnisse nämlich, mit nachlässiger Freiheit, solide und trotzdem sehr ad hoc. So, als wolle der Bildhauer Michael Gitlin uns ein für allemal klarmachen, daß die Gesetze der Statik in der Kunst nur sehr bedingte Geltung haben.
Keck und ungeniert stoßen die “Shelter”-Konstruktionen in den Raum vor, dringen in ihn ein, behaupten dort – und man weiß nicht recht wie – kühl ihren Ort. Sie sind eben doch beides: sinnreiches, wenn auch reichlich fiktives Versprechen von Schutz und autonome Skulptur.
“Temporary Shelter” ist ein Schlüsselwerk in Gitlins Mannheimer Ausstellung, denn so oder ähnlich funktionieren im Grunde alle Exponate. Mal zeigt er uns Brett, Klotz und Keil im flotten Schwung, mal werden Schichtungen in sorgfältig gefältelten Lagen vorgeführt, auch gekurvte Konstruktionen von einer etwas bäuerischen Eleganz sind zu sehen und kleine, kompakte Erfindungen, die grob…