Rainer Unruh
Michael Buthe
»Der Engel und sein Schatten«
Ernst Barlach Haus, Hamburg, 15.2. – 1.6.2009
Er war König und Hofnarr in einer Person. Wer in seinem Reich, dem Atelier, nicht hell genug strahlte, dem strich Michael Buthe (1944-1994) schon mal das Jackett mit Goldbronze an. Zahllose Anekdoten ranken sich um das Leben des Kölner Künstlers, um seine karnevalesken Einfälle, seine nomadische Existenz und seine vom Alkohol befeuerten Exzesse. Wie soll man ein solches Werk präsentieren, das so stark von der Persönlichkeit seines Schöpfers durchdrungen ist?
Karsten Müller, Kurator der Hamburger Ausstellung, hat der Versuchung widerstanden, den charmanten Irrsinn zu reproduzieren, der die Spektakel auszeichnete, an denen Buthe noch selbst mitwirkte. Stattdessen würdigt die von ihm konzipierte Ausstellung den mehrfachen documenta-Teilnehmer anhand von 85 geschickt in Beziehung zueinander gesetzten Arbeiten als einen Grenzgänger zwischen Okzident und Orient, Kunst und Kitsch.
Bekannt wurde Buthe durch gefärbte, zerrissene und teilweise wieder vernähte Leinwände, die in einem größeren Rahmen erstmals in Harald Szeemanns epochaler Ausstellung „When Attitudes Become Form“ 1969 in der Kunsthalle Bern zu sehen waren. Das selten gezeigte Frühwerk, das diesem Durchbruch voranging, ist in Hamburg in einem eigenen Kabinett mit 14 Werken ungewöhnlich stark vertreten. Diese Akzentuierung erweist sich als ein kluger Schachzug des Kurators, deuten sich doch in den unter dem Einfluss von Minimalismus und Arte Povera stehenden Zeichnungen und Objekte Vorlieben und Tendenzen an, die der Künstler später variiert, aber auch radikalisiert. Dies gilt vor allem für die Verwendung alltäglicher Materialien, aber auch für ein Interesse an organischem Wachstum und rhizomatischen Strukturen.
1970…