»Mich interessieren nicht Stile, sondern Haltungen!«
Andreas Denk befragte Annelie Pohlen zu einem neuen Projekt des Bonner Kunstvereins
Annelie Pohlen, 1944 geboren, studierte Geschichte, Romanistik und Kunstgeschichte. Nach ihrer Promotion arbeitete sie als freie Kunstkritikerin und Publizistin. Für KUNSTFORUM gab sie u.a. die Titelgeschichten “Erotik in der Kunst heute” (Bd. 46), “Situation Schweiz” (Bd. 63/64), “Malerei – z.B. Landschaft” (Bd. 70), “Skulptur ’85” (Bd. 79) heraus. Seit 1980 richtete sie Ausstellungen im Bonner Kunstverein aus, deren Direktorin sie seit 1986 ist. Seit längerem hat die Kunstvermittlerin eine Ausstellung mit dem Titel “Über-Leben” konzipiert, die – vom 7. Dezember 1993 bis zum 7. Februar nächsten Jahres im Bonner Kunstverein zu sehen – eine Bestandsaufnahme aktueller künstlerischer Tendenzen werden kann.
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A. D.: “Über-Leben” heißt die große Themenausstellung, die Sie für das nächste Frühjahr planen und die wie frühere Themenausstellungen des Bonner Kunstvereins wiederum neue Tendenzen zusammenfassen soll. Wie ist der Titel gemeint?
A. P.: Der Titel ist doppeldeutig gemeint: “Über-Leben” heißt, daß das Thema einerseits “über das Leben” handelt, andererseits auch um die Frage des “Überlebens” geht. Ich will allerdings keine “Todesausstellung” machen, schon gar keine AIDS-Ausstellung: Es dreht sich um ein längerfristiges philosophisches und bildnerisches Nachdenken über das Leben und auch um die aktuellen Bedrohungen des menschlichen Lebens, um das Sterben.
Wie grenzen Sie die Ausstellungskonzeption gegenüber dem Schwarm an anderen Ausstellungen, die ähnliche Tendenzen verfolgen, ab?
Das läßt sich fast an der Künstlerliste ablesen. Ein Teil der hier vertretenen amerikanischen Künstler ist mehrheitlich sehr stark politisiert und verfolgt einen moralischen Impetus gegen den Sexmißbrauch, gegen Gewalt,…