Martin Seidel
Metaformen
»Dekonstruktivistische Positionen in Architektur und Kunst«
Kunsthalle Düsseldorf, 6.11.1999 – 2.1.2000
Der Architekt als ewig verhinderter Künstler – ein Klischee, das keines (mehr) ist. Nie war die Architektur, die angewandte, funktionale, zweck- und gebrauchsorientierte Kunst, so sehr an der freien, zweckungebundenen bildenden Kunst dran wie im Dekonstruktivismus. Mit seinen gewagten Materialkombinationen, seiner Dezentralität, den Zick-Zack-Kursen der Grundrisse, aufbegehrenden Winkeln, aufgelösten Tektoniken, Liniendynamiken, Polyperspektiven, Schichtungen und schier unmöglichen Statiken verkörpert der Dekonstruktivismus all das, was einem gesetzten Architekturideal ein Graus ist.
Was die Aktualität anbelangt, ist die Düsseldorfer Kunsthalle, die sich in ihrer “Metaformen”-Schau des Dekonstruktivismus angenommen hat, eher ein Nachzügler. Denn der Dekonstruktivismus, der mit seinen offenen Strukturen in angestammten städtebaulichen Kontexten zu neuen Erfahrungen und Wahrnehmungen vordringen möchte und mit Nonkonformität und Chaos-Formen auf die bildungbeflissenen Überzuckerungs tendenzen der Postmoderne reagiert, ist zwar kein Auslaufmodell, aber doch mindestens schon seine 20 Jahre alt. Selbstverständlich versucht die Düsseldorfer Schau nicht, was ihr ohnehin kaum gelingen könnte, nämlich eine diskursive Abhandlung und ein letztgültiges Statement über den begrifflich von Jacques Derrida eingeführten Dekonstruktivismus. Doch immerhin wagt sich die von Marie Luise Syring kuratierte Schau an ein solches Thema überhaupt heran und fragt im Katalog kurz und knapp, was der von konservativer Kritik gerne unter Beschuss genommene Dekonstruktivismus heute sei: Ende der Moderne?, oder leuchtet uns der vielfach angefeindete Stil “nicht vielmehr utopisch in die Zukunft des nächsten Jahrhunderts”? Betrachtet man die aufgebotenen bescheidenen Mittel, nämlich dreizehn nicht sehr spektakuläre “Dekonstruktivistische Positionen in Architektur und Kunst”, kann man der Ausstellung, die sich…