Jürgen Raap
Meine Zeit – mein Raubtier
Kunstpalast, Ehrenhof, 25.6.-28.8.1988
Was Düsseldorfs Stadtvätern zum 700-Jahr-Jubiläum (Thomas Kling: “5. Juni 1288: Düsseldorf wird von den Japanern entdeckt”) als billigste Lösung erschienen sein mag, versuchte der Pressedienst der Landeshauptstadt als ästhetische Entscheidung zu verkaufen: Beim Überblick über die junge Düsseldorfer Scene habe man bewußt auf eine aufwendige Ausstellungsarchitektur verzichtet, damit kurz vor Abriß des Kunstpalastes auch endlich einmal dessen “karge hallenhafte Architektur der 20er Jahre” zur Geltung komme. Flugs beeilte sich Georg von der Gathen, die Wände des Eingangsfoyers mit viel schwarzem Tuch und Paravents zu kaschieren, um durch eine solchermaßen inszenierte Trauerhallenatmosphäre den Besucher angemessen einzustimmen.
Originell und unkonventionell war zumindest das Auswahlverfahren. Da wurde kein Ausstellungsmacher und auch keine Jury berufen, die Menagerie zu sichten, sondern ein Künstler lud einen Kollegen ein, dieser wiederum einen dritten und so fort, bis nach dem Schneeballprinzip die 81 Düsseldorfer Jung-Künstler und ihre drei Kollegen aus Moskau beisammen waren.
Nun, wer die ersten zwei oder drei Räume durchlaufen hat, glaubt, die Zeit schien stehengeblieben zu sein, und das verdeutlichen nicht die kaputten Wanduhren über den Durchgängen. Im Jahre drei nach Beuys ist die “künstlerische Autonomie” (Pressetext) zwischen der Königsallee und der “längsten Theke der Welt” zumindest in dieser Auswahl eher durch Müdigkeit als durch Regeneration gekennzeichnet. “Zeichen setzen”, meint Sylvia Wieczorek und bestückt ihren Sandkäfig folgerichtig mit einer Matratze. Die Revolution findet nun doch nicht im Saale statt: Carl Emmanuel Wolf hat das Gewehr in der nur halb geöffneten Schublade eines Zeichenschrankes deponiert. Unter den Ausstellungsbesuchern sind aber…