MATTHIAS SCHÄFER
Mediennutzung und Zeitfaktor
in der Aktionskunst
Auf der Suche nach Erfahrungsechtheit
Im Jahre 1974 stellte Allan Kaprow fest, dass das Modell der experimentellen Kunst in den siebziger Jahren die moderne Gesellschaft selbst geworden war; vor allem beobachtete er “[…] die Art und Weise, wie wir kommunizieren, was wir kommunizieren, was mit uns während dieses Prozesses geschieht, und inwiefern uns dies den Abläufen in der Natur, außerhalb der Gesellschaft, näher bringt”.1
In der Aktionskunst ist der Körper das wichtigste Kommunikationsmittel, und somit das Hauptfeld der Sprache. Seit Mitte der fünfziger Jahre beginnen Künstler (John Cage, Gutai, Yves Klein) mit dem menschlichen Körper zu arbeiten, denn er spielt eine wichtige Rolle im sozialen, kulturellen und politischen Verhalten. Der Körper des Künstlers ist Zeichen- und Informationsträger. Vom psychoanalytischen Standpunkt aus wird der Körper in der Aktionskunst zum Werkzeug, um unbewusste, verdrängte Ängste freizusetzen. Als Spiegel schlimmster Exzesse und Grausamkeiten der Gesellschaft wird der Körper zum schamanistischen Objekt, das das menschliche Leid absorbiert und heilen soll. Der Körper wird somit zur Metapher der Heilung; verdrängte Gefühle, vom Körper/Künstler abgelehnt, äußern sich in der symbolischen und orgiastischen Verwendung von Blut und Exkrementen. Der Körper, Medium des Realen, fungiert als Katalysator, eine persönliche, ja gesellschaftliche Angst auszudrücken, er funktioniert als Befreiungsinstrument, als Ausdruck des ‘Ich’.
Diese Funktionsvielfalt äußert sich in der Aktionskunst durch die verschiedenen Ausdrucksweisen des Körpers: das Wort, das Unbewusste, wie auch die Geste und die Mimik, und das Ritual. Das Unbewusste wird aufgedeckt, Tabus werden überschritten. Der Aktionskunst wohnen politische (gesellschaftskritische, ideologische und revolutionäre) Dimensionen inne,…