Paolo Bianchi
Max Bill
Kunsthaus, 23.12.1988-15.2.1989
Max Bill ist am 22. Dezember 1988 80 Jahre alt geworden. Den Künstler zu ehren, über ihn zu schreiben, hieße ein Monument, ein Denkmal zu enthüllen, das vor 20 Jahren, Bill war damals sechzig, zum ersten Mal mit einem Fest enthüllt wurde, und dann im regelmäßigen Fünfjahresrhythmus immer wieder von neuem. Über das Ereignis zu berichten, hieße also nicht viel Neues berichten zu dürfen und zu können, weil damals Gesagtes und Geschriebenes heute wiederholt werden müßte. Max Bill erkannte die Situation und ließ verschiedene Geburtstagsausstellungsaktivitäten der großen kunstvermittelnden Häuser auf dem Platz Zürich kurzerhand platzen. Er wollte nicht als “Nationalheiliger” gehuldigt werden, denn die Idolatrie seiner Person entspricht nicht seinem Konzept. Die Kunst, genauer die konkrete (also nicht realistische oder expressive) ist ihm wichtig, kurz: seine Kunstwerke, die er – wie Kunstwerke generell – “gegenstände für den geistigen gebrauch” nennt. Vielen Betrachtern konkreter Kunst bereitet es jedoch große Mühe, einen geistigen Stimulus aus diesen Werken zu empfangen, die vorwiegend nüchtern und kalt wirken, in ihrem dekorativen und sterilen Genre und in ihrer handschriftlosen Fertigung einen Charakter der Unnahbarkeit und Unpersönlichkeit entfalten. Gelingt es einem diese Schwelle zu überwinden, hinter die aristokratische Aura von Bills Arbeiten zu blicken, seinem mathematischen und geometrischen Spiel zwischen Form und Farbe zu folgen, seine Kunst als “ausdruck von harmonischem mass und gesetzt” (Bill) zu verstehen, so stößt man auf eine sinnliche Qualität im Werk von Max Bill. Formen wie Quadrat, Recht- oder Dreieck, Volumen wie Kegel, Stab oder Block, oft durch…