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Ausstellungen: Köln · von Jürgen Raap · S. 336 - 336
Ausstellungen: Köln , 2008

Jürgen Raap
Matthias Beckmann

»Aura und Alltag – Zeichnungen und Radierungen«
Emmanuel Walderdorff Galerie, Köln 9. 2. – 11.4.2008

Woran erkennt man eigentlich, dass ein Bundestagsabgeordneter nur ein unbedeutender Hinterbänkler ist? Der Künstler Matthias Beckmann hat mit dem Zeichenstift eine Interview-Szene im Reichstagsgebäude dokumentiert. Nur spärliche drei Reporter scharen sich um den Politiker, während man allabendlich in der „Tagesschau“ beobachten kann, wie die prominenteren Kollegen von der Journalistenmenge fast erdrückt werden.

Als Beckmann vor einigen Jahren von Köln nach Berlin zog, begann er, seinen neuen Wohnort mit Skizzenblock und weichem Bleistift zu erkunden. Nicht das „Typische“, d.h. nicht das folkloristisch Verbrämte oder touristisch Bekannte interessierte ihn, sondern die Beiläufigkeit einer Tankstelle, die Vertrautheit von Plakaten an der Friedhofsmauer oder die Teilnehmer an der 1. Mai-Demonstration. Wenn Beckmann in Museen oder im Reichstagsgebäude zeichnet, richtet sich sein Blick ebenfalls immer auf das Unprätentiöse: Er hält die Saaldiener des Bundestags an ihrem Schreibtisch im Bild fest, die Warteschlagen vor dem Kassenhäuschen zu einer „Blockbuster“-Ausstellung, die Besucher im Museum, die Ausschilderung, die Überwachungskameras, das Gerät zum Messen des Raumklimas und die Lamellen der Deckenbeleuchtung. Sich als Zeichner im Bundestag frei bewegen zu dürfen, war zunächst gar nicht so einfach gewesen. Erst als Beckmann sich als „Praktikant“ bei Franz Müntefering anstellen ließ, durfte er ungehindert auf dem Zeichenblock die Lesetische der Parlamentsbibliothek oder die kyrillische Graffiti festhalten, die russische Soldaten 1945 im zerbombten Reichstag hinterlassen hatten.

Dass ein Künstler einer selbst gewählten Thematik so intensiv mit dem Zeichenstift nachgeht, ist heute ungewöhnlich. Im kommerziellen Ausstellungsbetrieb werden Handzeichnungen ja…



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