Martin Roman Deppner
Maske und Figur, Beckmann und Marées
Ein Deutscher Künstler und sein Jüdisches Vorbild
»EIN SEIN ABER, DAS NICHT AN SEINEM ORT IST, IST IM EXIL.«1
Gershom Scholem
Max Beckmann, “der in seiner Jugend die Triptychen von Klinger, Stuck, Munch gesehen hatte, ließ”, Erhard Göpel zufolge, “im Alter nur die Triptychen von Marées gelten und erkannte ihn als seinen Ahnen an”2. Max Beckmanns erstes Triptychon “Abfahrt” (Abb. 1) entsteht 1933. Das Exil beginnt für Beckmann 1937 in Amsterdam, 1948 siedelt er nach Amerika über und stirbt kurz nach der Fertigstellung seines neunten Triptychons “Argonauten” (Abb. 2), 1950 in New York.
Beckmanns Bewunderung für Hans von Marées (1837-1887) fällt demnach mit seiner Abkehr von Deutschland zusammen.
Noch 1908 schienen ihm Marées Figuren “zu sehr absichtliche Träger von Linien und Licht und Schatten”…, “also zu abstrakt”, die ihm “kein so unmittelbares Lebensgefühl abnötigten wie manche Intentionen von Böcklin”3 beispielsweise. Am 24.1.1909 beklagt er, daß bei Marées ein “unmittelbares Verhältnis zum Leben” fehle, sieht “Charakterähnlichkeiten” zwischen Marées und Liebermann und hält beide für Gehirnkünstler”4.
Der Wandel in Beckmanns Haltung läßt auf einen Dialog schließen, den Beckmann mit dem “Werk Marées” geführt hat: Dem frühen Beckmann fällt die Andersartigkeit auf, der späte entdeckt Nähe.
Seit 1909 war durch Meier-Graefes Veröffentlichungen zu Marées “Leben und Werk” bekannt, welch großen Einfluß die jüdische Mutter auf ihren Sohn Hans ausübte. Meier-Graefe zufolge “dankt” Hans von Marées “sicher einen Teil der Sonderheit seines Wesens” seiner deutsch-jüdischen Herkunft. Einer Herkunft, bei der, “wie in diesem Falle, gerade dem jüdischen Teil die Auslösung des Spieltriebs” zufällt,…