Michael Hauffen
Marylin Willis – »6·2«
Kunstbunker Tumulka, München, 18.5. – 27.6.1999
Wenn ein Bunker als Ort der Präsentation von Kunst ausgewählt wird, dann zeichnet sich die Situation nicht gerade durch das aus, was als “Offenheit” hervorgehoben zu werden pflegt. Begriffe, die sich wie dieser als Marker für Normalität etabliert haben, und dazu tendieren, eine Sachlage mehr zu beschwören als zu beschreiben, kommunizieren nichts anderes als eben die Normalität selbst und tragen daher in erster Linie zur allgemeinen Abstumpfung bei. Da aber nun Kunst davon lebt, derartige Formen der Abdichtung gegen alles, was Konflikt, Anomalie oder Problem sein könnte, auf symbolischer Ebene zu unterminieren, kann die durch einen Bunker gegebene Abweichung von der musealen Norm durchaus eine gute Ausgangsposition darstellen. Gelegenheit, die damit implizierten kunststrategischen Möglichkeiten zu sondieren, bietet die audiovisuelle Installation “6 x 2” von Marylin Willis, die in einem der noch existierenden Hochbunker im Stadtgebiet Münchens zu sehen ist.
Bereits außen an der Eingangstür kündigt sich die Arbeit durch eine sonore Quelle an. In mehrfacher Überlagerung von Stimmen vermittelt diese die Resonanzeigenschaften des verschachtelten Innenraums, der sich hinter der 19,10 Meter hohen Betonwand verbirgt. Artikuliert werden dabei ausschließlich Reihen von Zahlwörtern. In seiner Zurückgenommenheit ist dies auch ein Kommentar zur Bunkerfassade, die sich dadurch auszeichnet, die ursprüngliche Funktion des Gebäudes zu verleugnen oder sogar unsichtbar zu machen. Sein klassizistisches Dekor und der freundliche Anstrich rücken es optisch in die Nähe einer riesenhaften Antiquität. Und auch wenn die Fensterlosigkeit der massiven Wände nicht zu übersehen ist, wirkt das nicht unbedingt verstörend, hat…