Martyrien
Crucifixae – Frauen am Kreuz
Eigentlich ist dies das perfekte Buch für den Kölner Verleger Benedikt Taschen: Es enthält Martyrien, masochistische wie sadistische Rituale in Wort und Bild, alles kunsthistorisch legitimiert, d.h. für den Bildungsbürger im Buchhandel ohne Scham erwerbbar. Zu einem angemessenen Preis wären damit vermutlich ansehnliche Auflagenzahlen zu erreichen. Nun ist Jürgen Zänkers Buch “Crucifixae – Frauen am Kreuz” allerdings im renommierten Berliner Gebrüder Mann Verlag erschienen: Das verleiht dem Thema ein angemessenes – und wünschenswertes – Maß an Seriosität (läßt aber leider auch den Preis in die Höhe schnellen). Viele interessierte Leser hat der Band trotzdem verdient.
Jürgen Zänker hat in den letzten Jahren weit über 100 Bildbeispiele zusammengetragen, mit Hilfe derer er die Motivgeschichte des Topos der gekreuzigten Frau vom Mittelalter bis heute nachzuvollziehen versucht. Dem sehr spezifischen “Crucifixae”-Motiv ist bislang in der Wissenschaft wenig bis gar keine Beachtung geschenkt geworden – sehr zu Unrecht, wie wir hier lernen können. Die Darstellung von Frauen im Umfeld des Kreuzes präsentiert sich als äußerst heterogen, und die jeweiligen zeitgenössischen Interpretationen liegen mitunter abenteuerlich weit auseinander. Verlagert sich zunächst das Bild der Maria Magdalena zu Füßen des Kreuzes vom Status einer bloßen Zeugin des Todes Christi hin zu einer glühenden “Liebhaberin”, so lassen sich schon bald Darstellungen von Märtyrerinnen finden, denen wegen ihrer Glaubensfestigkeit ein realer Tod am Kreuz zugedacht wurde. Auf einem ikonographischen Seitenweg etabliert sich zudem das (häufig volkstümlich verwendete) Motiv der Wilgefortis, der “bärtigen Kümmernis”, das sich vermutlich auf Grund einer Fehlinterpretation des Gewandes Christi im Spätmittelalter konstituierte….