Martin & Stephan Strauss
Die eineiigen österreichischen Zwillingsbrüder Martin und Stephan Strauss (geb. 1957 in Wasserburg/Inn) haben nie künstlerisch zusammengearbeit und auch bisher nicht zusammen ausgestellt. Ihre Ausbildung war zwar dieselbe, immer aber an verschiedenen Orten. Beide studierten zuerst Philosophie, Martin in München, Stephan in Berlin, und dann Kunst, Martin in Berlin, Stephan in Amsterdam. Martin (siehe hierzu KUNSTFORUM, Bd. 106 “Künstlerpaare: Kurzporträts: Gallée & Strauss) arbeitet wandbezogen, malerisch, Stephan raumbezogen, dreidimensional. Die zwei sehen sich nicht häufig, aber doch mehrmals im Jahr. Die Anschauungen im allgemeinen und über die Kunst im besonderen sind ähnlich. In der Entwicklung der individuellen Arbeit werden mitunter gleiche Schritte gemacht. Die Aufforderung an die philosophisch geschulten Strauss-Zwillinge, dass ein jeder doch mal den Versuch unternehmen solle, das Werk des anderen zu beschreiben, wurde mit Erstaunen quittiert, aber prompt erwidert. Ein Brief aus Amsterdam und ein Brief aus Berlin liegen vor: Stephan Strauss über Martin Strauss und umgekehrt.
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Beim Hindernislaufen kommt es darauf an, den Takt zu halten. Der Amerikaner Ed Moses, ein Meister dieser Übung, auf die Frage, was er beim Laufen so denke: “Ich zähle gang einfach bis acht, immer wieder bis acht.”
Eine Wandinstallation von Martin aus dem Jahre 1989 setzt sich zusammen aus sechs kleinen, gleichformatigen Schrift- sowie drei Bildtafeln mit der grafischen Darstellung dreier Gegenstände (Leiter, Hocker, Gitterzaun-Hindernis), jeweils etwa in Originalgrösse des Vorbilds. Die sechs Schrifttafeln sind die textliche Abbildung der sechs logischen Möglichkeiten, die drei Gegenstände in einen raum-zeitlichen Sachverhalt zu setzen. Der Verweis auf diesbezügliche Überlegungen in Wittgensteins Tractat ist…