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Ausstellungen: Chicago · von Jutta Schenk-Sorge · S. 383 - 384
Ausstellungen: Chicago , 1992

Jutta Schenk-Sorge
Martin Puryear

Art Institute of Chicago, 2.11.1991 – 5.1.1992

Martin Puryear hat einige seiner Wand- und Bodenskulpturen Jim Beckwourth gewidmet, einer wenig bekannten Gestalt der amerikanischen Geschichte des letzten Jahrhunderts. Als Sohn eines Weißen und einer Schwarzen in die denkbar schlechtesten Verhältnisse geboren, ertrotzte sich Beckwourth nach seiner Freilassung als Sklave ein reiches und abenteuerliches Leben. Er nahm an Expeditionen in den noch wilden Westen teil, avancierte bei den Crow-Indianern zum Häuptling, suchte in Kalifornien nach Gold und kämpfte in den Kriegen gegen Mexiko. Kurz, er verkörperte einen Menschen, der sich vorgegebene Lebensmuster nicht aufzwingen läßt, zu immer neuen Erfahrungen aufbricht und schließlich in verschiedenen Kulturen zuhause ist. Beckwourth dient dem farbigen Bildhauer Martin Puryear als Metapher für seine eigene Existenz. Und wenn es eine Grundstruktur in seinen Skulpturen gibt, die jetzt erstmals umfassender zu sehen sind, so ist es das Wechselverhältnis zwischen Festlegung und Offenheit, zwischen abgrenzender Form und Durchlässigkeit. Puryear gilt als Postminimalist, denn seine reduktiven, abstrakten Formen gehen auf den prägenden Einfluß der Minimal-art während seiner Studienzeit Ende der 60er Jahre zurück. Ähnlich wie bei dem gleichaltrigen Joel Shapiro enthalten sie ausgeprägt gegenständliche Bezüge und zwar mit einem spezifisch weiten Radius. Puryears “Lever # 1” (Hebel), eine Holzskulptur, bestehend aus einem länglichen, nach oben offenen Hohlkörper und einem senkrecht aufragenden, ruderartigen Kopfstück, suggeriert einen schwimmenden Wasservogel oder ein Schiff, einen geöffneten Sarg, eine Spanholzschachtel oder ein Werkzeug und enthält darüber hinaus sexuelle Konnotationen. In der direkten Konfrontation mit den Werken entwickelt sich eine produktive Spannung zwischen dem…


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von Jutta Schenk-Sorge

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