Jochen Becker
Martin Kippenberger
»Heavy Burschi«
Kölnischer Kunstverein, 10.11. – 22.12.1991
Wer ein echter Star ist, der signiert sein Plakat gleich kniend auf dem kalten Fußboden. Drei Fotografen und das schnell herbeieilende Fernsehteam danken es ihm. Die Pressekonferenz, gemütlich um einen Tisch gruppiert, nimmt er ganz alleine in die Hand: “Sie kennen mich ja sicher alle – aber wer sind Sie?” Artig nennt jeder Kritiker Namen und Publikation.
Kippenberger ist das Korrektiv des Kunstbetriebs, nicht jedoch dessen Sprengmeister. Als Korrektiv ist er notwendiger Bestandteil des Systems, so wie das Mundwasser zur Zahnfäule gehört. “Nicht authentisch müssen Bilder sein, sondern taktisch richtig”, kommentiert Burkhard Riemschneider diese Vorgehensweise. Kippenbergers Kölner Ausstellung “Heavy Burschis” zeigt, wie verzwickt man dabei inzwischen vorgehen muß: 1989 trifft er in England einen Fan, der aus seinen Katalogen und Einladungen Collagen erstellt. Kippenberger lädt ihn ein, dies doch in seinem Auftrag und auf Leinwand zu machen. Der neugewonnene Assistent überzieht daraufhin eine Folge von 51 Leinwänden mit Sprüchen, Pop-Ikonen, Markennamen und Bildfetzen. Anschließend werden in weingummiartige Gießharzklumpen eingefaßte Zigaretten-Kippen auf die Leinwand geklebt. Da ihm das Resultat nicht gefällt – die Textur des Farbauftrags sei zu malerhaft und gewöhnlich, eben “zu gut” -, läßt Kippenberger die Bilder kleinschlagen. Vorher jedoch wird jedes Bild abfotografiert. Im Kölnischen Kunstverein hängen – im originalen Maßstab abgezogen – die 51 gerahmten Reproduktionen der nunmehr zerstörten Ölgemälde. In einem Abfallcontainer mitten im Raum erblickt man noch ein paar demonstrativ weggeschmissene Überreste; als Jahresgabe hat Kippenberger ein Ölbild in 25 Teile geschnitten und bis zu deren Verkauf…