Renate Puvogel
Martin Kippenberger
Museum Boymans-van Beuningen, Rotterdam,27.2. – 24.4.1994
Wie man von dem geistreichen Kommentator unmittelbarer Gegenwart erwarten konnte, spielt Martin Kippenberger mit allen Mitteln und kämpft an allen Fronten. Ausgelassenes, witziges, humoriges Spiel und hartnäckiger, ernster Kampf machen stets die Doppelbödigkeit seiner Arbeiten aus. Kippenberger hat die weite Ausstellungshalle in einen Sportplatz verwandelt, von Monitoren bekrönte Tribünen begrenzen das mit grünem Rasen belegte Spielfeld an zwei Seiten. Diese Konstellation markiert sozusagen als Großform das, was sich auf dem Spielfeld tut; dort können sich die Besucher, wie zur Schloßbesichtigung mit Plastiküberschuhen an den Füßen, versammeln, um anstelle der Spieler ein Dickicht von numerierten Tisch- und Stuhlensembles zu durchforsten. Dicht an dicht stehen die kuriosesten Kreationen von Tischen mit je zwei Stühlen zusammengerückt, bereit für partnerschaftlichen Dialog oder feindselige Auseinandersetzung. Die unmögliche “Möblierung” birgt ein heterogenes Stil- und Kitschgemisch aus eigenen Kreationen, edlen Designstücken und Restaurantausstattungen. Kindermöbel ducken sich zwischen hochragenden Anständen der Jäger, personifizierte Sessel haben billige Pröllstühle oder schicke Lederfauteuils neben sich. “Einstellungsgespräche” nennt Kippenberger seine Installation – angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt kein ganz abwegiges Thema. Mit dem Titel spielt er auf eine Schlußepisode in Franz Kafkas unvollendetem Roman “Amerika” an, in welcher dem Helden Karl nach einem Vorstellungsgespräch ein Job versprochen wird. Kippenberger setzt die “Einstellungsgespräche” fort in seinen Veröffentlichungen, einem Fotoalbum, einem Schauspiel, Foto-Interviews und einer Komposition von Rüdiger Carl “Dialog für zwei Akkordeons”. Mit diesen Kunstwerken, die wie immer die Ausstellung weder dokumentieren noch interpretieren sondern bereichern, kann Kippenberger auf anderer Ebene argumentieren. Das Foto-Buch…