Ronald Berg
Martin Boyce
»In Praise of Shadows«
Johnen Galerie, Berlin, 27.4. – 23.6.2012
Die Szene im Ausstellungsraum der Galerie Johnen sieht eigentlich recht gemütlich aus. In der ehemaligen Altbauwohnung steht ein einladend großer Tisch, ähnlich wie er in Bibliotheken oder Schulen zu finden sein könnte. Mit seiner Holzplatte und den kantigen, aus verzinktem Metall bestehenden Beinen erinnert er unwillkürlich an die klassisch-modernen Möbelentwürfe eines Jean Prouvé. Drei der Tischplatte eingepflanzte Lampen tauchen die Arbeitsfläche in ein angenehm temperiertes Licht, so wie man es sich für konzentriertes Lesen und Schreiben wünschen würde. Die vielen unregelmäßig gekanteten Metallplättchen innerhalb der Lampenschirme lenken das Licht in optimaler Weise nach unten ohne zu blenden und geben mit ihrer goldenen Farbe dem Licht einen angenehm warmen Ton.
In dem verdunkelten Raum sorgen sonst nur ein halbes Dutzend schwach dämmernde Laternen für Beleuchtung. Sie hängen von Ketten an der Decke. Die Schirme dieser Laternen bestehen aus Lochblech in verschiedenen Farben: rot, gelb, blau. Ein Bild komplettiert die Ausstattung des Zimmers. Bei näherem Hinsehen entpuppt es sich das monochrome Gemälde allerdings als ein Stück gerahmten Betons, in dem sich gut sichtbar die Holzmaserung der Schalbretter abgedrückt hat. In deren sichtbar gebliebenen Nähten sind Buchstaben eingepasst. Die vier seltsam kantigen Lettern bilden das Wort „Fall“.
Was sich hier so verlockend als Lesezimmer ausnimmt, ist allerdings weder zum Gebrauch bestimmt, noch als Produktschau modernen Design gedacht. Die Ausstattung des Zimmers ist Kunst und darf nur imaginär bewohnt werden. Es ist eine Installation von Martin Boyce. Sie soll eine bestimmte Atmosphäre schaffen. Da…