Johannes Meinhardt
Mark Tobey – Inneres Betrachten
Graphische Sammlung in der Staatsgalerie Stuttgart,
4.5. – 24.6.2001
Aus einem Depositum von Papierarbeiten von Mark Tobey, das 50 Arbeiten umfasst, die fast alle noch nie gezeigt worden sind, stellt die Graphische Sammlung in der Staatsgalerie Stuttgart etwa 30 Arbeiten durchweg aus den sechziger Jahren und frühe Skizzenbücher und Mappen (aus den dreißiger Jahren) aus. Mark Tobey (1890 bis 1976) hatte von 1960 bis zu seinem Tod in Basel gelebt; aus seinem Nachlass stammt dieses Depositum.
Bei diesen späten Blättern, die sehr deutlich zu einem Alterswerk gehören, ist beeindruckend, mit welcher Souveränität und Leichtigkeit sie Verfahrensweisen und Materialien einsetzen, die nur wenig kontrollierbar sind, die Kontingenz und ‘Schmutz’ ins Spiel bringen, deren Ergebnisse nur sehr beschränkt absehbar sind. Fast alle diese Arbeiten lassen Materialprozesse zu, die sichtbar und deutlich visuelle Ergebnisse hervorbringen, die sich dem Material und nicht einer Intention verdanken, die also bei präziser Betrachtung keine Mittel mehr sind (da sie nicht mehr dem Zweck ‘Bild’ einfach untergeordnet und zugeordnet sind). Und gleichzeitig bändigt Tobey diese Kontingenzen des Verfahrens, bindet sie wieder ein in pikturale Deutungen, die bei fast allen Arbeiten an traditionelle Gattungen der Malerei anknüpfen; in den Titeln macht er diese Anknüpfungen überdeutlich: Landschaften, Akte, Köpfe (nicht Portraits). Die Kontingenz der Verfahrensweisen, die meist schillernde Zwischenstufen zwischen geordneten Strukturierungen und chaotischen Bearbeitungen des Papiers und der Oberfläche ergibt, wird in ein Gleichgewicht gebracht mit den Sujets, die, vor allem bei den Köpfen, fast wie ein überflüssiges Zusatzelement oder ein pikturaler Überfluss noch schnell…