Reinhard Ermen
Mark Lammert
Die Wissenschaft hat längst neue Methoden der Dokumentation entwickelt, nur die Archäologen sieht man noch gelegentlich, wie sie Grabungsdetails mit Bleistift auf Papier festhalten. Wenn indessen einer, der zuallererst ein Zeichner ist, auf einer Forschungsreise war, sieht das naturgemäß anders aus. Er hält die wichtigsten Entdeckungen auf seine Art fest, wie in diesem Fall, also in sorgsamen auch etwas vorsichtigen Skizzen. Sie erzählen von der Fremde, sie ertasten forschend Formen, vielleicht auch Umgebungen oder Archipele; die linierten Kästchen bringt der Forscher selber aufs Papier. Er hat eben seine eigenen Maßeinheiten. Farbige, freischwimmende Felder in seltsamen linearen Umrissen führen dabei ein Eigenleben. Ohne ein klärendes Wort können die Betrachter nicht wissen, auf welchem Abstraktionsgrad sich die Bilder bewegen und Assoziationsvermutungen täuschen oft genug. Mark Lammert war in Paris im Musée Fragonard. Dort hat um 1900 ein Kurator Knochen der tierkundlichen Sammlung nach einem heute nicht mehr einsehbaren System geordnet und farbig markiert. Die Fundstücke aus der apokryphen Ordnung eines Monsieur Petitcollin sind wieder ans Licht getreten, bedachtsam erfasst von Zeichnungen, die sich bei der Arbeit selber zu fragen scheinen, was es damit auf sich hat. Die Leerstellen der untergegangenen Anatomie hat Lammert mit einer neuen Aura kompensiert, die zwischen Dokumentation und Imagination schwebt. Die farbigen Markierungen seziert er aus der ursprünglichen Umgebung heraus in eine gleichsam klinische, linear gefasste Autonomie. Beim Seitenblick auf eine in Paris später auftretende Moderne fragt er sich, ob einige von ihnen (vielleicht Matisse?) schon mal im Fragonard gewesen sind, um sich hier still…