Mark Dion
Ihn interessiert Natur, wie sie sich in Museen abbilden lässt, bzw. abgebildet wurde. Das macht ihn zum Archäologen der dafür verantwortlichern Theoreme und gelegentlich auch zum Geschichtenerzähler, etwa in Sachen Alfred Russel Wallace, den im Frühjahr 1858 während seiner Forschungen am Malaiischen Archipel nicht nur die Malaria überfiel sondern gleichzeitig eine bedeutsame Idee über die Selektion der Arten. „The Delirium of Alfred Russel Wallace“ (1994). Der Forscher, ein Verfechter der Transmutationslehre, mutiert selber zu einem (schlauen) Fuchs. Das, was ihn umgibt, ist eine tropische Szenerie mit Hängematte, Moskitonetz und den Koffern eines Forschungsreisenden. Die Anekdote wird zum Wissenschaftstheater, gebaut von einem Bildhauer, der sich irgendwo zwischen Kienholz und Grandville aufhält. „Mein Interesse, meine Leidenschaft war und ist die Kultur der Natur“, sagt er 2011 im KUNSTFORUM zu Dieter Buchhart. Dion reaktiviert und deformiert überkommene Szenarien, er befragt Modelle der Naturgeschichtsschreibung oft genug in den Räumen wissenschaftlicher Schausammlungen, die damit einen hintergründigen Exkurs ihrer Prinzipien gestatten und dabei auch noch mit der eigenen Geschichte konfrontiert werden. Typisch für seine Arbeit an den wissenschaftlichen Ordnungssystemen dürfte seine Intervention bei der dOCUMENTA (13) gewesen sein. Im Ottoneum, wo seit dem Ende des 19. Jahrhunderts das Naturkundemuseum von Kassel untergebracht ist, präsentierte er die „Xylothek Schildbach“ mit einigen neuen Akzenten. Zwischen 1771 und 1799 wurde sie von Carl Schildbach in 550 Behältern angelegt, die als ‚Bücher’ aus einheimischem Holz und Sträuchern gebaut waren und jeweils eine Baumart plastisch beschreiben und dokumentieren. Mark Dion lässt ein tempelartiges Schaugehäuse aus Eichenholz für diese enzyklopädische Kuriosität…