Susanne Boecker
Marinus und Heartfield
»Hitler blind und Stalin lahm«
Politische Fotomontagen der 1930er Jahre
Museum Ludwig, Köln, 9.8. – 19.10.2008
Die Fotomontagen von John Heartfield (1891-1968) sind Ikonen der Agitationskunst. Der Pazifist und Kommunist formulierte seine Kritik an Politik und Gesellschaft in unübertroffen radikalen und suggestiven Bildern. Seine schärften Attacken gegen Krieg und Faschismus veröffentlichte Heartfield seit 1930 vor allem in der AIZ (Arbeiter Illustrierte Zeitung), darunter die berühmten Montagen „Adolf, der Übermensch: Schluckt Geld und redet Blech“ oder eine „Röntgenaufnahme“, die den wahren Kern des Agitators enthüllte. Die Bekanntheit des Ouvres von John Heartfield – dessen Fotomontagen Ende der 1960er Jahre besonders in Studentenkreisen äußerst populär waren und als Inbegriff politischer Meinungsäußerung an den Wänden von WG’s und Studentenbuden hingen – ist jedoch ein singuläres Phänomen. Denn die Stil- und Ideengeschichte der politischen Fotomontage, die sich in den 1930er Jahren zu einem der wichtigsten Gestaltungsmittel der Publizistik und politischen Propaganda entwickelt hatte, ist in großen Teilen noch nicht geschrieben. Umso spannender ist die Entdeckung eines zweiten großen Fotomonteurs, dessen Identität bis vor kurzem unbekannt war, und dessen Werk jetzt erstmals in Deutschland vorgestellt wird.
Unter dem Pseudonym „Marinus“ veröffentlichte die in Paris erscheinende Zeitung „Marianne“ in den Jahren 1932 bis 1940 über 250 Fotomontagen. Offenkundig von John Heartfield inspiriert, karikierte der unbekannte Bildautor die nationalsozialistische Politik, stellte aber auch die Staatsmänner der westlichen Welt als zweifelhafte Drahtzieher und Friedenskämpfer der 1930er Jahre dar. Die Identität des anonymen Monteurs wurde erst in den 1970er Jahren entdeckt: es war der Däne Jacob Kjeldgaard (1884-1964),…