Frank Frangenberg
Mariella Mosler
Galerie Almut Gerber, Köln, 6.11.1998 – 9.1.1999
Der Kunstmarkt huldigt Mariella Mosler auf seltsame Weise, er hat ihre ornamentalen, raumfüllenden Sandarbeiten auf der letzten documenta ignoriert. Eine unausgesprochene Form des Lobes.
Wem denn die Sandornamente zu trocken waren, dem zeigte Mariella Mosler in Almut Gerbers “Kabinett” in der Kölner Albertusstraße aus Haaren gehäkelte abstrakte geometrische Formen. Mit Titeln wie “Rosette”, “Kugel”, “Blüte”. Unverfängliche, betont nüchterne Beschreibungen der kleinen, konzentrierten Formen, die mit dünnen Metallstäben in die Wand gebohrt denkbar frei vor ihrem Hintergrund schwebten. Ebenso wie bei ihren in zeitraubender Handarbeit enstehenden Sandornamenten provozierte auch in diesen Haar-Formen der Arbeitsaufwand wieder Fragen zur scheinbaren Verschwendung von Zeit. Den kleinen filigranen Haar-Figuren ist kaum anzusehen, wieviel Zeit und Arbeit ihre Herstellung bedarf. Zwanzig der aus Asien importierten Haare werden zu einem Garn zusammengeflochten und nach fast vergessenen nordfriesischen Häkeltechniken zu eben diesen kleinen Formen verknüpft. Auch in diesen kleinen Arbeiten treffen sich Mariella Moslers norddeutsch-protestantisches Arbeitsethos mit ihren radikalen Reflexionen über Zeit. Von den den vergänglichen Aspekt menschlichen Lebens metaphorisch kommentierenden Sandarbeiten zu den eindeutig menschliche Lebenszeit symbolisierenden Haaren in diesen neuen Arbeiten von Mariella Mosler.
Die Stärke dieser Arbeiten liegt in der Beschaffenheit des Materials – und das ist offensichtlich organisch und von dieser Welt. Das zutiefst Menschliche der Körperproduktionen, das Wild-Wuchernde, Überflüssig-Üppige beleidigt die grenzenbenötigende Identität des eigenen Körpers. Man weiß ja, daß unsere Haare auch noch in unseren Gräbern einige Zeit weiterwachsen, obwohl der menschliche Haarträger bereits verstorben ist. Etwas an uns, daß unsere eigene Lebenszeit zu überschreiten…