Heinz Schütz
Marie-Jo Lafontaine
Galerie Walter Storms, 27.10. -24.12.1988
In den jüngsten Bildern Marie-Jo Lafontaines tritt ein Verfahren zu Tage, das sich als neoemblematisch bezeichnen ließe: Lafontaine stellt Bilder – d.h. Fotografien – neben Texte – Zitate Heideggers Nietzsches, Baudrillards und Pessoas. Das solchermaßen erzeugte Emblem erweitert sie um die Dimension von Material und Farbe: die schwere Massivität der Holztafeln und -rahmen und die emotionale Farbkraft tragen wesentlich zu der spezifischen Gestimmtheit der Werke bei. Sie ist geprägt durch die Dialektik von Disziplin und Pathos, von Todesstarre und Erregung – eine Dialektik, die bereits die Videoinstalltionen Lafontaines bestimmte und die, wenn auch nicht mit durchgängig gleicher Intensität, in den Bildern weiterwirkt. Die Anordnung von schwarzen und roten Feldern etwa – unemotional in ihrer symmetrisch strengen Reihung, lapidar wie eine Wandtafel – lädt sich durch die Farbe und durch den zitierten Aufschrei “Sangue! Sangue! Sangue!” emotional auf, die Bronzelettern allerdings dämpfen ihn und geben ihm das Gepräge von erstarrter denkmalhafter Ewigkeit. Ebenfalls in Bronzeschrift steht Nietzsches Satz “Langsam, langsam, hart werden wie Edelstein” neben dem Bild eines steinernen Totenkopfes. Aus dem Kontext gelöst wird Nietzsches Satz ohne unmittelbare Stellungnahme, d.h. registrierend vorgeführt und steht damit der Interpretation zur freien Verfügung. So läßt er sich als Verzweiflung, die sich in die Verhärtung rettet verstehen, aber auch als Idealisierung der Härte – so schön wie ein Edelstein. Vor dem Hintergrund deutscher Geschichte allerdings erfährt der Aufruf zur Härte seine spezifische Färbung, wenn eine rechtsgerichtete Nietzscherezeption “Edelstein” durch “Kruppstahl” ersetzt. Das daraus abgeleitete Männlichkeitsideal des stählernen…