Reinhard Ermen
Marcia Hafif
Die Zeichnungen, die Marcia Hafif 2006 für eine Ausstellung in der „Academie Jan van Eyck“ in Maastricht gemacht hat, passen in keine Schublade. Das sind im wahrsten Sinne des Wortes ‚Handzeichnungen’, die in Maastricht auf kleine Skulpturen am Boden bezogen waren; von Hand geformt aus Porzellan, wobei die Hand ihre deutlichen Spuren in der Form und Anmutung hinterließ bis hin zur Größe. Die Federzeichnungen umfahren diesen von der Hand gegebenen Radius, ja sie umkreisen und variieren den Handinnenraum, und heraus kommen einfache Phantasiegebilde, die sich schon sehr frei von der Vorgabe entfernt haben. Die Hauptlinien sind durch zahllose, kleine querläufige Striche gespreizt, wie Fühler oder Maßeinheiten. Es entstehen geradezu urzeitliche Wesen, mikroskopische Fremdlinge; der ornamentale Frohsinn ist aufgeladen mit einem intellektuellen Trotzpotential. In diesem (nur in diesem) Sinne erinnern die aktuellen Zeichnungen von Hafif an die skulpturalen Spätlinge von Louise Bourgeois. Mitgedacht werden muss in der Maastrichter Installation auch eine Wandmalerei in Lachsrosa. Die Künstlerin bewegt sich im Kontext selbst gestellter Aufgaben, ja Herausforderungen. Sie setzt sich sozusagen den Mitteln ihrer Kunst aus, die in Versuchsanordnungen organisiert ist: Grundsätzlich und elementar! 1972 begann sie damit, sie hat ihre bis dahin entstandene, respektable Arbeit beiseite gelegt und vollkommen neu angefangen. Marcia Hafif ist Jahrgang 1929. Der Neuanfang war primär auf die Malerei gerichtet, der Umgang mit Pinsel, Leinwand und Farbe wurde, unabgelenkt von anderen Anliegen, in einer medialen und materialen Selbstreflexion zum Thema ihrer Kunst. In einem entsprechenden Verzeichnis, dem „Inventory“ hat Hafif die Bedingungen und Ergebnisse ihres…