Hermann Pfütze
Marcella Müller
»Fotografie«
Galerie artMbassy, Berlin, 3.3.2006 – 29.4.2006
Warum gewinnen diese Bilder Aufmerksamkeit im kunstfotografischen Wettbewerb und behaupten sich auch im Vergleich mit den ikonischen Werken prominenter Fotografen? Die Fotografien Marcella Müllers wollen nichts Besonderes. Sie dokumentieren nichts, sie überfordern den Blick nicht durch Weitwinkel und Oberflächenschärfe, sie sind menschenleer und drängen nichts auf. Im Marktgetümmel fotografischer Effekte, drastischer Sujets, aufdringlicher Hautportraits und Ereignis-Inszenierungen sind diese Bilder zunächst eine erholsame visuelle Diät. Ihre Eigentümlichkeit ist nicht inszeniert, sondern verdankt sich dem sorgfältig bedachten und geduldig abgewarteten Moment der Aufnahme. Ihre Wirkung ist langsam, weil sie nicht forciert und gelenkt wird durch aufgenötigte Identifikation mit einem Objekt.
Die Harmonie und zugleich Dramatik der Fotografien Marcella Müllers entsteht aus der Übereinstimmung von Leere und Fülle. Der Betrachter hat alle Freiheit, ins Bild einzutreten, weil er keinem Menschen und keinem Tier, weder Autos noch anderen Zutaten begegnet, die den Blick gefangen nehmen. Der Witz dieser Leere ist, so Judith Metz, die Kuratorin der Ausstellung, “dass ich mich mit dem Bild identifizieren kann und mich nicht mit einem Mensch oder Tier oder Objekt identifizieren muss”. Man stelle sich eine Frau, einen Angler im Kahn, eine Katze, einen toten Fisch oder ein Auto auf diesen Bildern vor – alles geriete zum anekdotischen Arrangement.
Obwohl Ödnis, Nebenwege, abgenutzte Strände und verfallende Infrastruktur die Szenen beherrschen, wirken sie nicht desolat, sondern heiter. Das liegt an den sorgfältig beobachteten, subtil eingefangenen Lichtverhältnissen.
Auf der 100 x 140 cm großen, an holländische Landschaftsmalerei erinnernden Fotografie der überfluteten, abgeernteten…