Marcel Duchamp – Die richtige Ausstellung zur falschen Zeit?
Mit der zur Zeit im Kölner Museum Ludwig zu sehenden Duchamp-Ausstellung, die zuvor in Barcelona und Madrid gezeigt wurde, ist sein Werk zum ersten Mal überhaupt in einer adäquaten und umfassenden Ausstellung in Deutschland zu sehen. Abgesehen von zwei kleineren, bereits 20 Jahre zurückliegenden Retrospektiven im Haus Lange in Krefeld und in der Kestner-Gesellschaft in Hannover. Dies scheint, gemessen an der Bedeutung Duchamps, ein Defizit zu sein, ist für seine Rezeptions- und Ausstellungs-Geschichte jedoch nicht ungewöhnlich. Seine erste Einzelausstellung hatte Duchamp 1937 im Arts-Club in Chicago, einige größere Retrospektiven mit einem angemessenen Katalog fanden erst im Zuge seiner Wiederentdeckung in den 60igern statt, beginnend mit der Ausstellung in Pasadena 1963. In Frankreich wurde Duchamp erst 1977 durch die ambitionierte Ausstellung zur Eröffnung des Centre Pompidou “heimgeholt”.
An dieser Verzögerung in der Entfaltung der Wirkung war Duchamp selbst nicht ganz unbeteiligt, und man kann in ihr sogar eine Korrespondenz zu seinen künstlerischen Inhalten sehen. Nachdem Duchamp das Große Glas (La Mariée mise à nu par ses Célibataires, même), an dem er seit 1915 gearbeitet hatte, 1923 endgültig für unvollendet erklärte, erschienen erst 1934 unter dem selben Titel, sozusagen als zweiter Teil des Werks, die Notizen der Grünen Schachtel, die eine, wenn auch nur annähernde, Vorstellung seines komplexen Inhalts vermitteln konnten. Mit einer noch größeren Verzögerung erschienen dann erst 1967 und 1980 die weiteren Notizen aus demselben Zeitraum. Duchamp nannte das Große Glas auch einmal “retard en verre”, – Verspätung in Glas. An seinem…