Michael Hübl
MAN SON 1969
»Vom Schrecken der Situation«
Hamburger Kunsthalle, 30.1.-26.4.2009
Das Retro-Zählwerk rattert: Nach der Revolten-Nostalgie (laufende Nummer: 68) jetzt der Katzenjammer des Folgejahres. Summer of ‘69: Zeit totschlagen, sich mit Gitarren-Riffs die Finger blutig spielen, Händchenhalten auf Mamas Veranda – „Those were the best days of my life“ behauptet Bryan Adams wacker in seinem Pop Song von 1985. Für ihn mag das stimmen. Für den Schauspieler und Schriftsteller Voyteck Frykowski, seine 25-jährige Frau, die Kaffee-Konzern-Erbin Abigail Folger, den 17-jährigen Steven Parent, den ultra-angesagten Haar-Stylisten Jay Sebring und die Schauspielerin Sharon Tate, damals im achten Monat schwanger, lief es weniger gut: Sie wurden 1969 in der Nacht vom 8. auf den 9. August von Mitgliedern der Manson-Family ermordet. Parent wurde erschossen, auf die übrigen Opfer wurde Dutzende Male mit Messern eingestochen, bis sie tot waren. Susan Atkin, die zu den Tätern gehörte, schrieb mit dem Blut von Sharon Tate das Wort PIG an eine der Türen des Hauses am Cielo Drive im kalifornischen Bel Air, und als die Gruppe am nächsten Tag weitere Menschen umbrachte, ritzte sie in die Bauchdecke des Industriellen Leno LaBianca die Parole WAR. Insofern ist eine der unauffälligsten Arbeiten der Hamburger Ausstellung „MAN SON 1969“ zugleich deren heftigster, grausamster, düsterster Beitrag. Da das Entree zu der 35 künstlerische Positionen umfassenden Schau nicht sonderlich akzentuiert ist, fällt es leicht, die simple Installation unbeachtet links liegen zu lassen, zumal sie mit lockeren Drahtseilen abgesperrt ist und überhaupt den Eindruck erweckt, da sei lediglich ein Malheur passiert. Ein Rohrbruch…