Reinhard Ermen
Man malt,um überleben zu können.
Zur Arbeit von Rütjer Rühle
Solche Bilder habe ich noch nie gesehen!” Der Autor, der in seinen Texten zwar als unsichtbarer Organisator regiert, aber in der ersten Person nicht vorzukommen pflegt, stolpert nolens volens ins ICH, denn Rütjer Rühle zwingt den Wahrnehmenden, eine andere Haltung einzunehmen. Erstmals bin ich seiner Malerei 1987 in einer Kölner Galerie begegnet. Das Staunen war von Anfang an da, gemischt mit einer guten Portion Ratlosigkeit, die sich in die Formulierung eines seltsamen Eindrucks hineintastete: Rühle komme mir vor wie einer, der fernab und einsam in einem tiefen Wald schaffe und dementsprechende Bilder hervorbringe, wie einer, der Holzfäller und Heiliger zugleich sei. Zu sehen waren seinerzeit abstrakte Großformate, deren farbschwerer Impetus mit einer fast schon ornamental zu nennenden Opposition übereingekommen war. Eine Ursache dieser produktiven Irritation war die Tatsache, dass Rühle seine Bilder auch unter Zuhilfenahme einfacher Druckformen bzw. archetypischer ,Stempel’ erstellte, die im offenen Material eigensinnige Spuren hinterließen. Ich selbst hatte in den 80ern das Sehen bei der ,Radikalen Malerei’ gelernt, war auch im Umfeld der Debatten um die Alleinherrschaft der Farbe einigermaßen formulierungssicher geworden, doch diese sanften Ungetüme von Rühle waren von der hochkonzentrierten Innenschau eines Frederic M. Thursz, der in der gleichen Ausstellung gezeigt wurde und um dessentwillen ich die Ausstellung bei Krings-Ernst (Resümee 1) überhaupt aufgesucht hatte, meilenweit entfernt. Friedemann Malsch hat die schöne Verunsicherung seinerzeit fürs Kunstforum (Band 89) kurz und bündig ausformuliert: “Die Bilder von Rütjer Rühle sind ein Abenteuer für den Betrachter. Hier entsteht…