Hanne Weskott
Malstücke von Mechtild Nemeczeck
Galerie-Edition Wassermann, München, 30.11.1985-30.1.1986
Farben sind Kinder des Lichts – in der Finsternis gibt es keine Farben. Dieser Satz und der folgende, daß Farben erst in unserem Kopf entstehen, kann als grundlegende Tatsache selbst für die kontroversesten Farbtheorien stehen. Wenn Mechtild Nemeczek dennoch behauptet, sie möchte die »Farbe gern dingfest machen«, dann klingt das ebenso paradox und kontrovers wie unsere Gesamtbeziehung zu Farben überhaupt. In der Kunst wurden sie über viele Jahrhunderte als Teil von Dingen und Körpern begriffen; in der Malerei nannte man sie »Lokalfarben«, in der Skulptur »Fassung«. In dem Begriff der »Fassung« drückt sich schon etwas von der ambivalenten Beziehung zum Charakter der Farbe aus, weil »Fassung« eben trotz des Gefühls der Zugehörigkeit etwas Hinzugefügtes bleibt, das z.B. eine erste Restauratorengeneration ohne Skrupel beseitigt oder erneuert hat. In der Malerei ging die Entwicklung der Beziehung andere Wege. Farbe wurde selbständig und absolut genommen, ihre Qualitäten in bezug auf den Menschen und ihre Abhängigkeit von der Umgebung untersucht. »Farbe dingfest machen«, bedeutet bei Mechtild Nemeczek folglich – in der Einengung auf ihre spezielle Thematik – vor allem die Lichtabhängigkeit von Farbe zu untersuchen, wobei ihre Objekte keineswegs bloß dazu dienen, irgendwelche Theorien zu stützen, sondern jeweils eine bestimmte Qualität erlebbar und, in der Erscheinung eben dingfest gemacht, verkörpern. Sie sind also Kunst-Stücke und nicht Theoriebelege. Trotzdem kann man von ihnen ausgehend, das eigene Farberleben überprüfen, wie z. B. bei einer der aufgeschlitzten Pappröhren, die innen blau und außen gelb sind: Wie sehr sich das…