Maler, Theoretiker, Mystiker
Richard Paul Lohse im Kunstmuseum Luzern, 24.3.-5.5.1985
Seit Rudi Fuchs ihn als einen Modernen für die documenta 7/82 entdeckte, ist er ein Gefeierter – und nun feiert er noch einmal sich selbst: in einer Retrospektive, die ihm Martin Kunz im Kunstmuseum Luzern eingerichtet hat – er, der Zürcher Konkrete, dessen Name zu einem Geheimtip geworden ist, seit die Kasseler Veranstaltung ihn unter die Jungen einreihte und zugleich durch den Kontext, in dem es sein Werk präsentierte neue Bedeutungsschichten in demselben freilegte. Daß es Richard Paul Lohse in seinen modularen und seriellen Farbreihen nicht lediglich um die mechanische Umsetzung rationalistischer Farbtheorien ging, hatte noch rechtzeitig Rudi Fuchs erkannt und deshalb zur Überraschung der meisten Besucher dem Achtzigjährigen einen Platz im innersten Zirkel seines Musentempels eingeräumt – dort, wo er mit den Jungen, den heute Vierzig- bis Fünfzigjährigen und ihren zum Teil heftigen und wilden, zum Teil archaischen und materialbesessenen Werken die Wiederkehr des Sakralen, des Geheimnisvollen und Innerlichen in der Kunst unserer Tage feierte. Vier Jahrzehnte hat es gedauert, bis man Lohses Obsession begriff – den mystisch a- und irrationalen Charakter seines Werks erkannte oder einzugestehen wagte – nicht zuletzt wohl deshalb, weil dieses seine Wurzeln letztlich ganz woanders: in der (nüchternen) abstrakten Kunst der Zwischenkriegszeit und im Konstruktivismus hatte. Daß es von den Zürcher Konkreten Graeser, Löwensberg, Bill, die alle zu nationaler und internationaler Geltung gelangten, gerade Lohse war, Lohse, der am konsequentesten von allen aufs »Komponieren« verzichtete und ab 1942/43 nur noch in horizontal und vertikal orientierten Flächenkompositionen…