Klaus Theweleit & Paolo Bianchi
»Male Couple« oder: der Künstler und sein Frauenopfer
DAS »BUCH DER KÖNIGE. ORPHEUS UND EURYDIKE«;
EIN PAAR BRIEFLICHE ANTWORTEN AUF EIN PAAR BRIEFLICHE FRAGEN ZUM THEMA DER »PRODUKTIONSSEXUALITÄT«
PAOLO BIANCHI: Nach Männerphantasien, einer intensiven und extensiven Erkundung der “weißen” und der “roten” Frauenbilder sowie der verschiedenen Massenformationen im Faschismus, haben sie ein neues Thema in Arbeit genommen: das Buch der Könige, den “zweiten Versuch im Schreiben ungebetener Biographien”. Das auf vier Bände konzipierte Werk ist literaturwissenschaftlich-historische Studie, Kriminalroman und Fallbericht in einem, wobei der erste Teil, Orpheus und Eurydike, der 1988 erschienen ist, bereits mehr als 1200 Seiten umfaßt. Sie untersuchen darin die Beziehung des Künstlers zu seiner Muse an verschiedensten Beispielen: unter anderen Gottfried und Herta Benn, Kafka und Felice Bauer, Dante und Beatrice. Dabei entsteht ein Verdacht, den sie in minutiösen Recherchen zu belegen versuchen: nämlich daß die Produktion des Kunstwerks sich in einer Art Dreieckssituation von Schreiber, von Liebe und von einer Todesidee vollzieht, die fundamental im Menschenopfer, im Frauenopfer, begründet ist. So “könnte es sein”, wie es in Ihrem Buch heißt, “daß ein Teil dieses Überschusses aus der Verwandlung der Schönheit und anderer Attraktionen ‘Eurydikes’ stammt, aus dem umgebauten Körper der gestorbenen, geopferten Geliebten, die Orpheus transformiert in die Schönheit und andere Attraktivität des Gedichts; die Abwesende dort wiederbelebt, verdichtete Wortkörper schafft von großer Intensität und Aufladung aus dem Körper der Verschwundenen”. Wäre hiermit in nuce das Eigentliche aus Ihrem Buch der Könige bereits zusammengefaßt?
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KLAUS THEWELEIT: Weder “in nuce”, noch das “Eigentliche”. Dafür bräuchte…