Maribel Königer
Maisons-cerveaux
Reims/Noisiel, 21.10.1995 – 7.1.1996
Was mag eine Ausstellung mit dem Titel “Häuser-Hirne” zeigen? Materialisierte Gedankengebäude? Die aktuelle “Verortung” künstlerischen Denkens? Will sie den Mythos von der Unbehaustheit des modernen Künstlers bestätigen oder widerlegen? Architektonischen Einflüssen in der Konzeptkunst nachspüren? Die Behandlung anthropologischer Grundkonstanten (mobil-immobil, geschützt-ungeschützt…) in der zeitgenössischen Kunst verfolgen? Die auf zwei Orte verteilte Ausstellung nähert sich einem gefährlich vagen Thema auf direkte und zugleich sehr französische, nämlich essayistisch-ungezwungene Weise. Sämtliche Arbeiten der zwölf beteiligten Künstler lassen sich konkret auf die Haus-Thematik zurückführen. Während jedoch in den Katalogbeiträgen versucht wird, historische Linien vom Renaissancestudiolo über das Theatrum Memorium und den Merzbau bis in die Gegenwart durchzuziehen, sperren sich die ausgestellten Arbeiten gegen eine logische Vernetzung. Querverweise lassen sich jedoch zur Genüge finden, so etwa zu Standortfragen wie: Von wo aus agiert der Künstler? Welche (Denk- / Raum- / Arbeits- / Lebens-) Struktur ist heutigen Erfordernissen am besten angepaßt: Atelier, Thinktank, Urhütte, Refugium, Nomadenzelt, virtueller Raum…?
Das Haus als funktionaler Kokon, als leicht verpflanzbares Schneckenhaus des Künstlers ist ein Motiv, das immer wiederkehrt. Absalons “Zelle Nr.1” könnte am Ausgangspunkt mehrerer Verzweigungen stehen. Der strahlend weiße Container mit kompletter Wohneinrichtung stellt eine Art Urbehausung mit modernem Komfort dar. Alle menschlichen Grundbedürfnisse wie Schlafen, Essen, Hygiene sind auf minimalem Raum gebündelt. Von außen erinnert die Tonnenwölbung an archaische Grab- und Kultbauten, innen mag man sich an die funktionalistischen Experimente der Klassischen Moderne erinnert fühlen. Maßstabgebende Größe ist jedoch nicht der Mensch als solcher, sondern der Künstler als Individuum, selbst erster Bewohner seines…